Eine wesentliche Rolle für die Transformation spielen so genannte Schlüsseltechnologien, die die Richtung und die Geschwindigkeit der Transformation entscheidend beeinflussen. Für NRW ist dies beispielsweise die künstliche Intelligenz. So finden sich 9 von 62 deutschen KI-Forschungseinrichtungen in NRW, was NRW zu einem wichtigen Standort für KI-Forschung macht. Auch Fin.Connect.NRW kann dazu beitragen, die Entwicklung von Sprunginnovationen in NRW zu fördern, in dem es zur Vernetzung von Unternehmen und Hochschulen beiträgt.

Die OECD benannte bereits im Jahr 2016 zehn Schlüsseltechnologien, die nach ihrer Ansicht die Volkswirtschaften in den kommenden 10 bis 15 Jahren disruptiv verändern werden (OECD, 2016). Die EU führt ebenfalls eine Liste von Key Enabling Technologies mit einigen Überschneidungen zu den Vorschlägen der OECD (EU, 2021). Dazu gehören die folgenden Zukunftstechnologien:

  • Beim Additive Manufacturing, auch als 3D-Druck bezeichnet, werden Stoffe Schicht für Schicht aufgetragen, um Materialien oder Objekte mit besonderen Eigenschaften zu erhalten. Damit können Massenprodukte zunehmend auch individualisierte Komponenten erhalten.
  • Advanced Energy Storage Technologies für den Einsatz bei Windkraft und Solarenergie, um Schwankungen im Stromangebot zu minimieren. Aber auch für die Elektromobilität sind weiterentwickelte Akkus erforderlich, damit Fahrzeuge längere Strecken zurücklegen können oder schneller geladen werden können. Auch die Wasserstofftechnologie fällt in diesen Bereich.
  • Künstliche Intelligenz ist eine weitere wichtige Schlüsseltechnologie, die branchenübergreifend Anwendungsmöglichkeiten findet. Um mit US-amerikanischen und chinesischen Unternehmen mitzuhalten und digitale Souveränität zu gewährleisten, ist es essenziell, dass in Europa KI-Anwendungen entwickelt werden, die mit europäischen Werten und Regeln vereinbar sind.
  • Big Data und Datenwirtschaft sind Kernbestandteile moderner Geschäftsmodelle. Fast bei jeder wirtschaftlichen Tätigkeit entstehen Daten, die zum Beispiel zur Auswertung von Produktionsprozessen und zu deren Optimierung genutzt werden können. Aus der Einbindung von Daten in Produkte und Dienstleistungen und dem Verkauf von Daten können zudem neue Geschäftsmodelle entstehen. Die Bewirtschaftung von Daten ist allerding nur möglich bei einer verlässlichen Infrastruktur, wie sie mit dem europäischen Projekt GAIA-X angestrebt wird. Dessen Ziel ist es, einen transparenten und einheitlichen europäischer Datenraum zu schaffen.
  • Die Blockchain ermöglicht das sichere Speichern von Daten und die sichere Übertragung von Vermögenswerten ohne zentralen Dienstleister. Stattdessen werden Informationen dezentral und digital abgelegt und gesichert. Hierauf basierend können Verträge digitalisiert und Vermögensübertragungen nicht mehr nur im virtuellen Raum, sondern digital in Echtzeit durchgeführt werden. Zudem lassen sich auch Zeugnisse und Urkunden fälschungssicher auf einer Blockchain speichern und abfragen.
  • Das Internet der Dinge beschreibt die zunehmende Vernetzung aller Geräte und schließt dabei auch Geräte in privaten Haushalten ein. Das Internet der Dinge geht damit einen Schritt weiter als das Konzept der Industrie 4.0, welches die digitale Vernetzung von Produktionsanlagen umfasst. Die Besonderheit beider Konzepte ist dabei, dass Geräte, Maschinen und Anlagen nicht nur digital miteinander verbunden werden, sondern innerhalb dieses Netzwerks auch eigenständig auf Änderungen reagieren können.
  • Micro- and Nano-Satellites sind Satelliten mit einer Masse von maximal 500 Kilogramm. Diese ermöglichen eine noch bessere Positionsbestimmung, was vor allem für das autonome Fahren und das autonome Fliegen neue Möglichkeiten eröffnet. Zudem können sie mobile Kommunikation dort ermöglichen, wo keine Infrastruktur vorhanden ist.
  • Nanomaterialien sind Stoffe mit besonderen Eigenschaften, die aus ihrer Mikrostruktur erfolgen. Am bekanntesten ist der Lotuseffekt, der zu sich selbst reinigenden Oberflächen führt, aber auch Materialien, die nach Stauchung wieder in ihre ursprüngliche Form zurückfinden.
  • Neurotechnologie beschäftigt sich mit Gehirn-Computer-Schnittstellen bzw. Technologien, die zur Kompensation und zur Verbesserung menschlicher Leistungen beitragen. Ein bekanntes Beispiel der Neurotechnologie ist das Cochlea-Implantat, eine Innenohr-Hörprothese. Weiterentwicklungen können zu mehr Inklusion für die betroffenen Menschen beitragen.
  • Synthetische Biologie ist eine Weiterentwicklung der Genforschung. Die Entwicklung der Corona-Impfstoffe auf Basis von mRNA kann hierzu gezählt werden. Zudem wird mRNA-basierten Medikamenten große Chancen für die Heilung von Krebserkrankungen zugeschrieben.
  • Photonik beinhaltet die Weiterentwicklung von Lichtquellen, wie Leuchtdioden und Laser, aber auch der Einsatz von Glasfasern als Übertragung von Informationen. Es können aber auch optische Messverfahren mit Künstlicher Intelligenz kombiniert werden.
  • Energie-effiziente Gebäude und nachhaltige Industrie sind Kernbestandteile der Transformation hin zur Klimaneutralität. Ziel ist hier, den Energieverbrauch im Gebäudesektor zu minimieren, die Nachhaltigkeit in der Produktion zu steigern und die Bauwirtschaft ressourcen- und energieeffizienter zu machen. Carbon Capture and Storage ist eine solche Technologie,mit der so genannte unvermeidbare Emissionen aus bestimmten Industrieprozessen, beispielsweise bei der Zementherstellung, aufgefangen und gespeichert werden können.

Im Technologie- und Trendradar des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, werden diese Technologien nach den folgenden Kategorien klassifiziert:

  • Vernetzung: Schon jetzt sind viele Geräte um industriellen, aber auch im privaten Bereich miteinander vernetzt. Technologien, die eine noch schnellere und bessere Vernetzung zwischen einer großen Anzahl an Geräten ermöglichen sind die 5G-Technologie, Gigabit-WLAN, Bluetooth 5, das Internet der Dinge und Cloud Computing.
  • Virtualisierung: Neben Augmented Reality und Virtual Reality fallen in diese Kategorie auch Technologien, wie der digitale Schatten oder der digitale Zwilling.
  • Datenverarbeitung: Hierunter fallen Datenerfassungs-, Datenanalyse- und Prognoseverfahren, wie Künstliche Intelligenz (KI), Machine Learning und Deep Learning, Natural Language Processing, Data Analytics und Quantum Computing.
  • Prozesse: Dies sind Technologien, wie AI-Security, die Distributed Ledger Technologie bzw. Blockchain Technologie, aber auch Digital Work oder Democratization of Knowledge.
  • Produkte: Produkte und Dienstleistungen, wie App Stores und digitale Marktplätze fallen in diese Kategorie. Zu diesem Bereich werden auch der 3D-Druck und der 3D-Scan und die Robotik sowie digitale Assistenzsysteme gezählt. Zudem werden Kryptowährungen diesem Bereich zugeordnet.
  • Geschäftsmodelle: Hierunter fallen die Sharing Economy und die Subscription Economy, aber auch Infrastructure as a Service, Platform as a Service oder Software as a Service, die als Anything-as-a-Service oder abgekürzt XaaS zusammengefasst werden. Diese Dienstleistungen spielen für die Transformation eine wichtige Rolle und werden in Abschnitt 5.6 in Verbindung mit Leasing noch einmal vertieft.

Die Vielzahl der Möglichkeiten deutet auf disruptive Trends hin, die neue Wege eröffnen. Für die Wettbewerbsfähigkeit und auch für die digitale Souveränität und die Klimaneutralität Europas ist es unerlässlich, durch Innovationen technologisch eine Vorreiterrolle einzunehmen. Denn die zunehmende Vernetzung und die Möglichkeit der Bewirtschaftung von Daten eröffnet neue Möglichkeiten für Unternehmen, neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, neue Kundengruppen zu adressieren und effizienter zu produzieren. Auch zur Erreichung der Klimaziele spielt die digitale Überwachungs- und Steuerungstechnik eine bedeutende Rolle. Inaktivität in diesen Bereichen würde schnell dazu führen, dass sich Unternehmen in anderen Regionen der Welt Wettbewerbsvorteile erarbeiten und heimische Unternehmen auf den Weltmärkten in Bedrängnis bringen könnten.

Der Finanzierung dieser Investitionen kommt deshalb eine zentrale Rolle zu, für die bestehende Finanzierungsinstrumente weiterentwickelt und auch neue Finanzierungsinstrumente geschaffen werden müssen. Gerade bei den Sprunginnovationen zeigt sich, dass diese aufgrund von geringen Anfangsrenditen und hohen Risiken, häufig keine private Finanzierung erhalten können.

In der Studie „Transformation in NRW“ werden Vorschläge für NRW zur besseren Förderung von Sprunginnovationen gemacht. So könnte das Land NRW Innovationswettbewerbe mit der Spezialisierung Energie- und Umwelttechnologie sowie der Spezialisierung Künstliche Intelligenz anbieten. Diese sollten durch eine Vernetzung mit der Industrie ergänzt werden, damit die Ideen in Unternehmen weiterentwickelt und umgesetzt werden. Hier kann auch Fin.Connect.NRW unterstützen, indem es zu Stärkung der Vernetzung der Unternehmen und der Hochschulen beiträgt, und so auch dazu beiträgt, den Finanzstandort NRW zu stärken.


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