Inhaltselement mit der ID 251

Die Transformation der Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen hin zur Nachhaltigkeit erfordert erhebliche Investitionsanstrengungen, die durch einen breiten Mix an Partnern finanziert werden müssen. Mit Fin.Connect.NRW ist ein Netzwerk entstanden, das Finanzinstitutionen und Unternehmen der Realwirtschaft zusammenführt und neue Möglichkeiten der Transformationsfinanzierung eröffnen soll. Der Workshop am 24. August 2022 in den Räumen des Instituts der deutschen Wirtschaft diente dazu, die Chancen, aber auch die noch bestehenden Hemmnisse des europäischen Kapitalmarktes für die Transformationsfinanzierung aufzuzeigen und zu diskutieren.

Nach einer Begrüßung durch IW-Geschäftsführer Dr. Hans-Peter Klös sowie den beiden Vertretern des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes NRW, Herrn Dr. Schlotböller und Herrn Plessentin, führte Frau Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW-Bankengruppe den ersten Fachvortrag. Darin berichtete sie zuerst über das derzeitige wirtschaftliche Umfeld und dessen Bedeutung für die Transformation in Deutschland. So treibe der Krieg Russlands gegen die Ukraine die Unsicherheit unter den Unternehmen auf ein neues Hoch. Gemessen durch einen Index für Unsicherheit sei diese aktuell noch deutlich höher als während der Corona-Krise und der Schuldenkrise im Euroraum. Gleichzeitig würden die gestiegenen Energiepreise aber auch die Notwendigkeit für die Transformation erneut verdeutlichen. Denn Energiepreise seien neben den Lebensmittelpreisen aktuell die größten Treiber der Inflationsrate. Gleichzeitig erwarten die Marktteilnehmer eine Fortführung der Zinswende durch die Europäische Zentralbank. Ihr Zwischenfazit war, dass die Transformation dringlicher denn je sei, aber unter ungünstigen Bedingungen Fahrt aufnehmen müsse.

Anhand von Daten zum Investitionsverhalten der Unternehmen zeigte Frau Dr. Köhler-Geib, dass die Unternehmen in den letzten Jahren zu wenig investiert haben. Gleichzeitig erfordert die Transformation sehr hohe Investitionsvolumina, von denen 90 Prozent durch den privaten Sektor getätigt werden müssen. Man müsse hier aber laut Frau Dr. Köhler-Geib auch bedenken, dass es sich bei grünen Märkten auch um Wachstumsmärkte handele. Um das Investitionsklima zu verbessern, benötigen die Unternehmen deshalb verlässliche Rahmenbedingungen und Investitionsanreize. Wichtig ist aber auch die gesellschaftliche Akzeptanz der Transformation. Die Politik muss zudem darauf achten, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen erhalten bleibe und dass die Kapitallenkungsfunktion der Finanzmärkte reibungslos funktioniere. Ihr Fazit war deshalb, dass für das Gelingen der Transformation ein kluger Finanzierungsmix bereitgestellt werden muss.

Den zweiten Fachvortrag hielt Christoph Reissfelder von Covestro, einem Polymerhersteller aus NRW. Herr Reissfelder betonte, dass die Kreislaufwirtschaft zum Leitprinzip des Wirtschaftens geworden sei und dass Transformation auch bedeute, vom linearen zum zirkulären Wirtschaftsmodell überzugehen. Danach erläuterte er die Klimastrategie von Covestro, die auf drei Säulen fußt. Über nachhaltige Produktionsprozesse sollen die Scope 1 und Scope 2 Emissionen gesenkt werden. Der Einsatz erneuerbarer Energien adressiere die Scope 2 Emissionen, während klimaneutrale Prozesswärme die Scope 1 und Scope 2 Emissionen reduzieren soll. Eine größere Herausforderung stelle die Senkung der Scope 3 Emissionen dar. Dabei handelt es sich um die Emissionen, die durch Vorprodukte entstehen, und die Emissionen, die von den eigenen Produkten ausgehen. Die Investitionen in die eigene Emissionsminderung führen laut Herrn Reissfelder zwar in den ersten Jahren zu höheren, mittelfristig allerdings zu niedrigeren operativen Kosten. Eine große Chance für Unternehmen sei nach seiner Ansicht die hohe Nachfrage nach nachhaltigen Produkten und die damit verbundenen Reputationsgewinne des Unternehmens, wenn es grüne Produkte anbieten könne. Bei neuen Geschäftsfeldern bestehe hier zudem ein First-Mover-Advantage, so dass sich eine frühe Transformation des Unternehmens durchaus auszahlen könne. Zudem sei mit besseren Finanzierungskonditionen für nachhaltige Unternehmen zu rechnen, da der Kapitalmarkt Nachhaltigkeit jetzt schon honoriere.

Hierbei betonte Herr Reissfelder auch die Wichtigkeit von ESG-Ratings für Unternehmen, um dem Kapitalmarkt die Nachhaltigkeit zu signalisieren. Als Finanzierungsinstrumente für nachhaltige Unternehmen böten sich vor allem für die großen, am Kapitalmarkt aktiven Unternehmen der Sustainability-linked Bond und der Use-of-Proceeds Green Bond an. Bei dem ersten Finanzierungsinstrument bestimmt der Grad der Nachhaltigkeit des Gesamtunternehmens die Finanzierungskosten, während bei dem zweiten Finanzierungsinstrument die eingesammelten Mittel nur für nachhaltige Projekte innerhalb des Unternehmens verwendet werden dürfen. Während der Sustainabilty-linked Bond vor allem von bereits nachhaltigen Unternehmen emittiert wird, liegt der Fokus des Use-of-Proceeds Green Bonds vor allem auf Unternehmen im Transformationsprozess, die in Nachhaltigkeit investieren. Herr Reissfelder betonte aber, dass für die Emission solcher Bonds entsprechende Projekte innerhalb des Unternehmens identifiziert und gebündelt werden müssen, was einen hohen Grad an Kommunikation zwischen den beteiligten Abteilungen erfordere. Wichtig sei deshalb, dass die Nachhaltigkeitsabteilung sehr hoch in der Hierarchie des Unternehmens angesiedelt sei.

Den dritten Fachvortrag hielt Barkha Mehmedagic von der Commerz Real. In ihrem Fachvortrag präsentierte sie ein Sustainability Check Tool zur Quantifizierung des Nachhaltigkeitsgrads von Immobilien, mit dem Investitionsobjekte hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit verglichen werden können. Eine solche Quantifizierung der Nachhaltigkeit sei zu einen wichtig, um Immobilienfonds nachhaltig aufzustellen, zum anderen, um die Portfolien zu verwalten. Zudem können so die Kunden besser bei der Transformation hin zu grünen Immobilien begleitet werden. Für die Finanzierung der Transformation sieht sie aber nicht nur die Finanzierung der Sanierung von Objekten, sondern auch die Sicherstellung einer langfristigen Anschlussfinanzierung des transformierten Objekts nach Erreichung der Nachhaltigkeitsziele. Wie auch ihr Vorredner betont sie, dass durch die Transformation in Richtung Nachhaltigkeit ein Mehrwert für den Kunden generiert werde.

Im zweiten Teil ihres Vortrages referiert Frau Mehmedagic über die Finanzierung von Windparks. Über einen Mittelstandsfonds werde den mittelständischen Unternehmen geholfen, Zugang zur Ökostromproduktion aus Windkraftanlagen zu erhalten. Hierdurch können den mittelgroßen Unternehmen langfristige Stromlieferverträge zur Verfügung gestellt werden, was bisher nur für Großunternehmen möglich gewesen sei. Zudem weist sie darauf hin, dass die Banken bei der Finanzierung von erneuerbaren Energien durch neue Vergütungsstrukturen weniger risikoavers geworden seien und deutlich mehr dieser Projekte finanzieren würden.

In der anschließenden Paneldiskussion wurden diese Themen vertieft. So wurde nach der Rolle des Green Bonds in der Finanzierung der Transformation gefragt, welcher nur von den bisher am Kapitalmarkt aktiven Unternehmen genutzt würde. Dieser sei aber für die Finanzierung der KfW sehr bedeutsam, so dass die kleinen und mittleren Unternehmen durch die Finanzierung von Förderinstrumenten indirekt auch Vorteile aus dem Instrument des Green Bonds ziehen können, so Frau Dr. Köhler-Geib. Auch große Unternehmen würden von der hohen Nachfrage nach den Green Bonds profitieren, so die anderen Referenten. Auch wurde die Rolle des Staates als Ko-Finanzierer diskutiert. So seien viele innovative Investitionen aktuell noch zu riskant für eine Bankfinanzierung. Dies sei zum Beispiel beim Carbon Capture and Storage der Fall. Die Referenten merkten zudem an, dass gerade in den skandinavischen Ländern nachhaltige Investitionen leichter umzusetzen seien, weshalb die Transformation in diesen Ländern etwas weiter fortgeschritten sei. Dies verdeutliche den Handlungsbedarf und die Notwendigkeit, das Finanzökosystem weiter auszubauen.

Downloads:

Einladung und Programm
Präsentationsunterlagen: IW_KfWResearch
Präsentationsunterlagen: IW_CommerzReal

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