Hintergrund ist der sogenannte Omnibus-Prozess auf EU-Ebene: Er sieht vor, Schwellenwerte anzuheben und Berichtspflichten für bestimmte Unternehmen zu strecken. Die geplanten Anpassungen schaffen zwar formal Entlastungen, gleichzeitig entstehen jedoch neue Unsicherheiten im Zusammenspiel mit den Anforderungen des Finanzsektors.
Einerseits wirken die angekündigten Änderungen wie ein Schritt zurück: Viele KMU könnten zunächst glauben, dass sie von komplexen Nachhaltigkeitsanforderungen dauerhaft verschont bleiben. Andererseits erwarten Banken, Investoren und Geschäftspartner schon heute belastbare Informationen über Nachhaltigkeitsrisiken und -strategien. Denn für den Finanzsektor gilt ein anderer Maßstab: Die EBA-Leitlinien verpflichten Banken, ESG-Risiken systematisch in ihre Kreditvergabeprozesse einzubeziehen. Unternehmen ohne verlässliche Daten geraten dadurch ins Hintertreffen ganz gleich, wie großzügig politische Fristen ausgestaltet werden.
Genau hier zeigt sich die eigentliche Herausforderung: Die regulatorischen Erleichterungen für Unternehmen laufen nicht synchron mit den aufsichtsrechtlichen Pflichten für Banken. Während der Gesetzgeber in Brüssel und Berlin versucht, Berichtspflichten abzufedern, gelten weiterhin hohe Anforderungen im Finanzsektor. Für Unternehmen bedeutet das: Rechtsunsicherheit statt Klarheit.
Die Folgen zeichnen sich bereits ab. Zwar spielen ESG-Kennzahlen in vielen Bankgesprächen heute noch keine dominante Rolle, doch bereiten sich die Institute intensiv auf die Umsetzung der EBA-Vorgaben vor. Unternehmen müssen daher damit rechnen, dass diese Anforderungen künftig systematisch eingefordert werden. Schon jetzt steigt zudem der Druck aus den Lieferketten: Große Unternehmen müssen ihre eigenen Berichtspflichten erfüllen und fordern entsprechende Daten von ihren Zulieferern ein. Damit werden auch KMU indirekt berichtspflichtig unabhängig davon, ob sie selbst unter die CSRD fallen oder nicht.
Die Unsicherheit über künftige Berichtspflichten verstärkt die ohnehin massive Investitionslücke. Laut aktuellen Analysen fehlen jedes Jahr dreistellige Milliardenbeträge, um die Klimaziele des europäischen Green Deal zu erreichen. Wer nicht weiß, welche Daten langfristig gefordert werden, verschiebt Investitionen in Strukturen und Systeme und verliert wertvolle Zeit. Unser Anspruch muss es daher sein, diese Lücke zu schließen: durch klare Rahmenbedingungen, verlässliche Datenanforderungen und praxisnahe Unterstützung für Unternehmen. Zum anderen droht ein strategischer Nachteil im Wettbewerb, wenn Kunden oder Geschäftspartner Nachhaltigkeitsinformationen einfordern. Nachhaltigkeitsberichterstattung ist daher längst kein reines Regulierungsthema mehr, sondern entwickelt sich zu einem entscheidenden Faktor für Finanzierung, Marktchancen und Reputation.