Warum werden Emissionen in Scopes eingeteilt?

Die Einteilung von Treibhausgasemissionen in drei sogenannte „Scopes“ (zu Deutsch: Umfang oder Geltungsbereiche) geht auf das Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol) von 2001 zurück. Der Standard wurde im Nachgang des Kyoto-Protokolls von 1997 entwickelt, dem ersten multilateralen Abkommen mit verbindlichen Emissionsreduktionszielen für Staaten. Um Emissionen weltweit vergleichbar zu machen, war ein einheitlicher Standard für deren Erfassung und Klassifizierung erforderlich. Dieser wurde ab 1998 gemeinsam vom World Resources Institute (WRI) sowie dem World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) entwickelt. Während das WRI als unabhängiger Umwelt-Thinktank agiert, ist das WBCSD ein Unternehmensnetzwerk zur Förderung nachhaltiger Entwicklung.

Das GHG Protocol bezieht sich dabei auf die im Kyoto-Protokoll regulierten Treibhausgase; also insbesondere Kohlendioxid (CO₂), Methan (CH₄) und Lachgas (N₂O). Damit ihre teils unterschiedlichen Klimaauswirkungen verglichen werden können, wird ihnen ein sogenanntes Treibhausgaspotenzial (Global Warming Potential, GWP) zugewiesen. CO₂ dient dabei als Referenzwert mit einem GWP von eins.

Der „Corporate Accounting and Reporting Standard“ des GHG Protocol von 2001 (aktualisiert 2004 und 2015) definiert dabei drei Emissionsbereiche: Scopes 1, 2 und 3. Sie dienen Unternehmen zur Bilanzierung ihrer Treibhausgasemissionen und zur Berechnung ihres ökologischen Fußabdrucks, dem Corporate Carbon Footprint (CCF), in Abgrenzung zu den produktbezogenen Emissionen, dem Product Carbon Footprint (PCF). Zu Letzterem existiert ebenfalls ein eigenständiger Product Life Cycle Accounting and Reporting Standard.

Dabei unterscheidet das GHG Protocol zwischen direkten Emissionen, die ein Unternehmen selbst verursacht (Scope 1) und indirekten Emissionen, die entlang der Wertschöpfungskette anfallen (Scopes 2 und 3). Ziel des GHG Protocol ist es, Unternehmen durch einen einheitlichen und transparenten Standard die Emissionsbilanzierung zu erleichtern, Kosten zu senken, wirksame Reduktionsstrategien zu entwickeln und Klimarisiken in der Wertschöpfungskette zu mindern. 

Der Corporate Standard des GHG Protocol schreibt Unternehmen nur die Bilanzierung ihrer Scope-1- und 2-Emissionen vor. In den darauffolgenden Jahren haben sich jedoch die regulatorischen und technischen Fähigkeiten zur Erfassung von Treibhausgasen deutlich verbessert und das Bewusstsein ist gewachsen, dass ein Großteil der Emissionen und somit auch des Einsparpotenzials außerhalb des direkten Einflussbereichs eines Unternehmens liegt. Daher wurde im Jahr 2011 der Corporate Value Chain (Scope 3) Accounting and Reporting Standard mit weiteren Details zur Scope-3-Bilanzierung veröffentlicht. Das Scope-System wurde branchenübergreifend konzipiert und ist für Unternehmen jeder Größe geeignet, kann aber auch für den Carbon Footprint öffentlicher oder gemeinnütziger Organisationen angewendet werden. 

Was sind Scope 1, 2 und 3 von Emissionen?

Bei Treibhausgas-Emissionen ist grundsätzlich zwischen direkten, vom Unternehmen kontrollierten, Emissionen und indirekten Emissionen in der Wertschöpfungskette zu unterscheiden. Indirekte Emissionen werden zudem noch in Scope 2 und 3 getrennt.

Scope 1

Scope 1 umfasst alle direkten Emissionen aus Quellen, die ein Unternehmen besitzt oder kontrolliert. Dazu zählen etwa Emissionen durch die Verbrennung fossiler Kraftstoffe am Standort, physische oder chemische Industrieprozesse oder Kühlung sowie der betriebsinterne Transport von Materialien, Produkten oder Abfällen. Aber auch Abgase des Fuhrparks und diffuse Emissionen, also die unbeabsichtigten Freisetzungen von Gasen, fallen darunter.

Scope 2

Scope 2 bezieht sich auf indirekte Emissionen, die durch den Verbrauch eingekaufter Energie entstehen, also Strom, Fernwärme und -kälte oder Dampf. Die Emissionen entstehen zwar außerhalb des Unternehmens, aber die Energie wird direkt am Unternehmensstandort verbraucht. Vorgelagerte Emissionen aus der Förderung und Verteilung der Energie (z. B. Gasbohrungen, Stromnetzverluste etc.) fallen hingegen unter Scope 3. Emissionen aus verkaufter Energie – also die Scope-2-Emissionen des Kunden – werden jedoch nicht von den Scope-1-Emissionen des Energieerzeugers abgezogen.

Somit sind Scope-2-Emissionen eine Sonderkategorie indirekter Emissionen. Diese Differenzierung wurde getroffen, da die verbrauchte Energie in direkter Konsequenz zu den Unternehmensaktivitäten steht und im Vergleich zu anderen indirekten Emissionen leicht zu messen ist. Zudem bieten sie durch den Umstieg auf Ökostrom ein hohes Reduktionspotenzial. Zu den Scope-2-Emissionen wurde ein separater Leitfaden, der GHG Protocol Scope 2 Guidance, mit weiteren Erläuterungen erarbeitet. 

Scope 3

Scope 3 umfasst alle weiteren indirekten Emissionen, die nicht unter Scope 2 fallen. Sie entstehen entlang der gesamten Wertschöpfungskette, also vorgelagert (upstream) und nachgelagert (downstream). Das heißt, diese werden vom Unternehmen nicht direkt kontrolliert, aber als Kunde oder Zulieferer beeinflusst. Die Emissionen werden in insgesamt 15 Kategorien unterteilt, acht für vorgelagerte und sieben für nachgelagerte Aktivitäten. 

Bei den vorgelagerten Kategorien handelt es sich um: 

  1. eingekaufte Waren und Dienstleistungen,
  2. Kapitalgüter/Maschinen,
  3. energiebezogene Emissionen außerhalb von Scope 2,
  4. vorgelagerter Transport und Entsorgung,
  5. vorgelagerte Abfälle,
  6. Geschäftsreisen,
  7. Berufsverkehr/Pendeln der Arbeitnehmer sowie
  8. vorgelagertes Leasing.

Die nachgelagerten Emissionen stammen aus:

  1. Transport und Verteilung,
  2. Verarbeitung der Produkte,
  3. Nutzung durch Endkunden,
  4. Entsorgung und Behandlung verkaufter Produkte,
  5. nachgelagertes Leasing,
  6. Franchisebetriebe sowie
  7. Investitionen 

In vielen Unternehmen machen Scope-3-Emissionen den Großteil der Gesamtemissionen aus. Schätzungen von McKinsey (2022) gehen von durchschnittlich 90 % aus, wovon rund zwei Drittel auf vorgelagerte Aktivitäten entfallen. Somit tragen sie signifikant zu den Klimarisiken eines Unternehmens bei. Jedoch sind sie methodisch schwer zu erfassen und zu vergleichen. Folglich erlaubt der Corporate Standard des GHG Protocol einen größeren Ermessensspielraum darüber, ob und welche Scope-3-Emissionen ein Unternehmen bilanziert, etwa bei der Frage, wie viele vor- und nachgelagerte Stufen es in der Wertschöpfungskette berücksichtigt. Die Bilanzierung ist nach dem Corporate Standard freiwillig, kann auf relevante Kategorien begrenzt sein und es dürfen Schätzwerte verwendet werden, solange dies transparent kommuniziert wird. Nach dem Scope-3-Standard des GHG Protocol sind Unternehmen jedoch verpflichtet, auch einen Teil ihrer indirekten Scope-3-Emissionen offenzulegen. 

Die Relevanz einzelner Scope-3-Kategorien hängt stark von der Branche ab: Bei Industrie- und Bauunternehmen dürfte ein bedeutender Anteil der Emissionen durch energieintensive Vorprodukte wie Zement, Stahl und Aluminium sowie deren Transport zur Produktionsstätte entstehen, also Upstream-Emissionen. Dahingegen fallen bei schnelllebigen Konsumgütern sowohl Emissionen bei Vorprodukten wie Plastikverpackungen an, aber auch nachgelagert in der Entsorgung und Verwertung. Bei Dienstleistungsunternehmen stehen eher Emissionen durch Geschäftsreisen oder genutzte IT-Infrastruktur im Fokus. 

Unternehmen haben meist mehr Kontrolle über vorgelagerte Aktivitäten (z. B. Zuliefererwahl, Materialeinsatz) als über nachgelagerte (z. B. Nutzung durch Endkunden). Zur Minderung vorgelagerter Emissionen können Unternehmen ihre Lieferanten anhand von Nachhaltigkeitskriterien auswählen (solche, die ihre Scope-1- und 2-Emissionen verringert haben), beim Produktdesign gezielt auf recycelbare oder emissionsarme Materialien setzen oder durch Kooperationen klimafreundliche Prozesse und Technologien fördern. Auch eine vertikale Integration kann helfen, Emissionen besser zu steuern. Allerdings führt sie auch dazu, dass vormals externe Scope-3-Emissionen in den Scope 1 oder 2 übergehen.

Eine häufige Sorge ist die mögliche Doppelzählung von Emissionen. Das GHG Protocol verhindert allerdings nur die doppelte Bilanzierung von Emissionen innerhalb von Scope 1 und 2. So können etwa nicht mehreren Unternehmen dieselben Scope 2-Emissionen zugerechnet werden, da nur ein Unternehmen Endnutzer der verbrauchten Energie ist. Diese Scope-2-Emissionen sind jedoch gleichzeitig die Scope-1-Emissionen eines Energieerzeugers und die Scope-3-Emissionen weiterer Beteiligter. 

Die Emissionen auf staatlicher Ebene werden hingegen nicht bottom-up aus den Unternehmensdaten aggregiert, sondern mithilfe nationaler Wirtschaftsdaten berechnet. Somit findet weiterhin eine Trennung der jeweiligen staatlichen Emissionen statt, etwa im Rahmen des Pariser Klimavertrags. Gesetzliche Vorgaben wie CO₂-Zertifikate zielen meist auf direkte Emissionsquellen (Scope 1) oder den Energieverbrauch (Scope 2) ab und bleiben daher von möglichen Doppelzählungen in der Regel unberührt.

Welche Scopes erfasst die Nachhaltigkeitsberichterstattung?

Die Frage, welche Emissionsbereiche, also Scopes, in der Nachhaltigkeitsberichterstattung berücksichtigt werden müssen, lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern hängt vom jeweiligen Berichtsstandard sowie von regulatorischen Anforderungen ab. In der Praxis ergibt sich jedoch ein klarer Trend: Die umfassende Bilanzierung aller drei Scopes ist zunehmend Standard und regulatorisch gefordert. Dies gilt zumindest dann, wenn sie im Hinblick auf das Geschäftsmodell und die Klimawirkung eines Unternehmens als wesentlich gelten.

Verpflichtend: Scope 1 und Scope 2

Gemäß den Vorgaben des GHG Protocol und den europäischen Anforderungen durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in Verbindung mit den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) sind Unternehmen verpflichtet, alle direkten (Scope 1) sowie energiebezogenen indirekten Emissionen (Scope 2) zu erfassen und offenzulegen. Diese Emissionen lassen sich in der Regel gut messen, da sie direkt mit betrieblichen Aktivitäten (z. B. Heizung, Fuhrpark, Stromverbrauch) verbunden sind.

Die Bilanzierung erfolgt dabei nach anerkannten Methoden wie dem GHG Protocol Corporate Standard oder ISO 14064-1 und muss in konsistenter Weise über mehrere Berichtsjahre vergleichbar sein. Auch Anforderungen wie die doppelte Wesentlichkeit (Double Materiality), die unter der CSRD verpflichtend zu prüfen ist, beziehen sich ausdrücklich auf Scope 1 und 2.

Bedingt verpflichtend: Scope 3

Die Scope-3-Emissionen sind Gegenstand wachsender regulatorischer Aufmerksamkeit. Im GHG Protocol war deren Berichterstattung lange Zeit freiwillig; mit dem 2011 veröffentlichten Scope 3 Accounting and Reporting Standard wurde jedoch ein umfassender Rahmen geschaffen, um Unternehmen eine strukturierte Bilanzierung zu ermöglichen. 

In der EU ist die Berichterstattung über Scope 3 im Rahmen der CSRD und insbesondere nach dem Standard ESRS E1 verpflichtend, sofern sie wesentlich ist. Unternehmen müssen daher im ersten Schritt eine Wesentlichkeitsanalyse durchführen und anschließend alle relevanten Scope-3-Kategorien offenlegen. Die 15 Kategorien des GHG Protocol (z. B. eingekaufte Waren, Kapitalgüter, Geschäftsreisen, Nutzung von Produkten etc.) dienen dabei als Grundlage.

Unternehmen sind also verpflichtet, zu berichten, wenn Scope-3-Emissionen wesentlich sind, was in der Praxis fast immer zutrifft. Nur in begründeten Ausnahmefällen kann auf eine Berichterstattung verzichtet werden, sofern diese Entscheidung dokumentiert und erklärt wird.

Bedeutung für Unternehmen

Die Einbeziehung aller drei Scopes ermöglicht eine ganzheitliche Darstellung der Klimawirkung eines Unternehmens. Insbesondere in folgenden Kontexten ist die vollständige Bilanzierung entscheidend:

  • Für die Erfüllung der CSRD-Pflichten
  • Für die Offenlegung gegenüber Investoren, insbesondere bei Anwendung der EU-Taxonomie
  • Für die Teilnahme an freiwilligen Klimainitiativen (z. B. Science Based Targets initiative, CDP)
  • Für die Steuerung von Klimarisiken und Lieferketten im Rahmen von Risikomanagementsystemen

Einige Initiativen und Standards wie die Science Based Targets initiative (SBTi) verlangen ausdrücklich, dass auch Scope-3-Emissionen in Reduktionsziele einbezogen werden, sobald sie mehr als 40 % der Gesamtemissionen ausmachen – was in der Praxis fast immer zutrifft.

Fazit

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung entwickelt sich hin zu einem vollständigen Emissionsbild entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Während Scope 1 und 2 klar verpflichtend sind, rückt auch Scope 3 zunehmend in den regulatorischen Fokus. Unternehmen müssen daher systematisch prüfen, welche Emissionen sie erfassen, bewerten und offenlegen müssen, sowohl aus rechtlicher Sicht als auch im Sinne eines glaubwürdigen Klimamanagements.


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