L-SHOP-TEAM aus Unna lässt sich auf seinem Weg zur Nachhaltigkeit von einer Beratung unterstützen. Geschäftsführerin Kristin Rademacher und Berater Stefan Dimitrov über die vielen Stellschrauben in der Transformation – und Wünsche an künftige Finanzierungspartner.

Frau Rademacher, warum heißt Ihr Unternehmen eigentlich L-SHOP-TEAM?
Kristin Rademacher: Das fragen uns viele. Das „L“ kann für Lösungen stehen. L-SHOP-TEAM denkt stets für seine Kunden mit und hält Lösungen für sie bereit. Lösungen beginnen nun mal mit L. Mittlerweile steht der Firmenname für sich und in der Branche kennt ihn jeder.
L-SHOP-TEAM ist heute einer der größten Textilgroßhändler Europas. Beschreiben Sie bitte mal kurz das Geschäftsmodell.
Rademacher: Wir betreiben ein 55.000 Quadratmeter großes Zentrallager in Unna und haben den Anspruch, „never out of stock“ – also stets lieferfähig – zu sein. Unsere Kunden sind textile Weiterverkäufer wie zum Beispiel Druckereien oder Stickereien in vielen europäischen Ländern. Bestellen kann man bei uns alle möglichen Textilien: von T-Shirts und Hoodies, Hemden und Blusen über Taschen und Corporate Wear bis hin zu medizinischen Kasacks. Wir haben auch Kinder- und Sportbekleidung im Programm und unsere Kunden können mit uns Festivals und Vereine ausstatten.
Auf Ihrer Website nimmt das Thema Nachhaltigkeit viel Raum ein. Wie und wann begann die nachhaltige Transformation für L-SHOP-TEAM?
Rademacher: Vieles hat L-SHOP-TEAM von Anfang an gemacht. Zum Beispiel arbeiten wir seit der ersten Stunde mit der AWO Dortmund zusammen und integrieren Menschen mit Behinderung und benachteiligte Personen in unserem Unternehmen. Wir waren auch schon immer ein ausbildender Betrieb und haben stark darauf geachtet, sparsam mit Ressourcen umzugehen. Seit drei Jahren treiben wir unsere Transformation strukturiert unter der ESG-Systematik (Environmental, Social, Governance) – also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung – voran.

Sie werden dabei von einer Unternehmensberatung unterstützt. Wie kam das?
Stefan Dimitrov: Wir sind seit ungefähr einem Jahr unterstützend an Bord. Frau Rademacher und ihr Team hatten da schon einige Themen eigenständig bearbeitet, etwa erste Schritte zur Klimabilanzierung. Wir kamen zueinander über das Thema CSRD.
Das heißt: 2024, als Sie sich an die Beratung gewandt haben, wäre L-SHOP-TEAM CSRD-pflichtig gewesen?
Dimitrov: L-SHOP-TEAM wäre aufgrund seiner Unternehmensgröße dazu verpflichtet gewesen, nach der CSRD zu berichten. Aber unabhängig davon: So, wie ich das Unternehmen kennengelernt habe, gehört Nachhaltigkeit hier zur DNA. Es gibt viele Projekte, die losgelöst vom regulatorischen Druck in den vergangenen Jahren gestartet wurden.
L-SHOP-TEAM gehört also zur sogenannten zweiten Welle, der durch das Omnibus-Verfahren zwei Jahre Aufschub gewährt wurde?
Dimitrov: Ja, richtig, Am 16. April 2025 wurde die EU-Richtlinie 2025/794 zur sogenannten „Stop-the-Clock“-Regelung im EU-Amtsblatt veröffentlicht, sodass die nicht börsennotierten großen Unternehmen („Welle 2“) erst 2028 über das Fiskaljahr 2027 berichten müssen.
Welche Herausforderungen bestanden – und bestehen – für L-SHOP-TEAM in Sachen Nachhaltigkeit?
Rademacher: Die Herausforderung liegt zunächst mal darin, sich nicht von all den groß klingenden Themen verunsichern zu lassen. Das Megathema CSRD kann kleinere Unternehmen nämlich in gewisser Weise auch lähmen. Deshalb haben wir es für uns in kleine Bereiche aufgeteilt. Und arbeiten die jetzt einen nach dem anderen ab.
Haben Sie sich selbst Ziele gesetzt – etwa bei der Reduzierung der direkten Treibhausgasemissionen (Scope 1) bis 2030 oder 2035?
Rademacher: Nein, wir haben uns bisher keine quantitativen Ziele gesetzt. Wir arbeiten aber dennoch kontinuierlich an Verbesserungen. So konnten wir schon den ein oder anderen Hinweis umsetzen, den das Energie-Audit nach DIN EN 16247-1 ergeben hat, das wir erstmalig im Frühjahr 2024 an unserem neuen Standort durchgeführt haben.
Was sind die größten Stellschrauben: Ist es Logistik, Energie, Beschaffung?
Rademacher: Nehmen wir die Energie: Wir haben das Glück, in ein neues Gebäude gezogen zu sein, das nach modernen Standards errichtet wurde. Deshalb gibt es da für uns wenige Einsparpotenziale. Die PV-Anlage zum Beispiel mieten wir direkt von unserem Vermieter.
Und decken damit Ihren kompletten Strombedarf?
Rademacher: An sonnigen Tagen können wir unseren Strom, den wir tagsüber benötigen, vollständig aus der PV-Anlage decken.
Logistik ist für einen Großhändler ein zentrales Thema. Wie stellen Sie sich hier nachhaltig auf?
Rademacher: Unsere Kernkompetenz liegt darin, Kundenaufträge schnell zu kommissionieren und die Pakete möglichst noch am selben Tag der Bestellung an unsere Versanddienstleister zu übergeben. Um dabei sparsamer und effizienter zu werden, haben wir kürzlich in einen neuen Kartonverschließer investiert: Diese Maschine ermittelt die Füllhöhe eines Kartons und falzt, knickt und verschließt ihn an der Stelle, an der sie erreicht ist. Der Karton passt sich also an seinen Inhalt an und ist nur so groß, wie er sein muss. In der Folge benötigen wir kein Füllmaterial mehr und versenden keine Luft. Damit erreichen wir bei unseren Dienstleistern bessere Container-Füllgrade und auch günstigere Versandpreise – natürlich sinken dadurch auch die CO2-Emissionen.
Hat L-SHOP-TEAM für den Versand eine eigene Lkw-Flotte?
Rademacher: Nein. Angeliefert wird die Ware mit Lkws der Speditionen unserer Textillieferanten. Überwiegend kommt die Ware aus den Zentrallägern der großen Marken in Europa, selten auch direkt aus Fernost. Die Ware verlässt unser Gelände dann wieder mit Lkw unserer vier Versandpartner: DHL, GLS, UPS und DPD. Mit allen haben wir CO2-Kompensationsprojekte vereinbart. Das heißt: Wenn die Kompensation nicht ohnehin automatisch durch den Versandpartner angeboten wird, haben wir uns aktiv dafür entschieden und sind in Kompensationsprojekte eingestiegen. Bei DHL machen wir einen weiteren Schritt und gehen mit dem DHL-GoGreen-plus-Versand sogar in die CO2-Reduzierung.
Das ist mit höheren Preisen verbunden. Wie stemmen Sie die?
Rademacher: Bei uns hat der Kunde überall die Wahl – nur in Sachen Nachhaltigkeit lassen wir ihm keine. Wir haben entschieden, komplett auf kompensierten Versand zu setzen. Deshalb übernehmen wir die Kosten.

Waren Sie für Investitionen in die nachhaltige Transformation bisher auf Finanzierungspartner angewiesen?
Rademacher: Bisher nicht. Vor allem deshalb, weil wir in kleinen Schritten vorgehen und uns nur Machbares vorgenommen haben. Kostenintensiv würde es, wenn wir eigene Ressourcen aufbauen müssten, etwa eine Nachhaltigkeitsabteilung. Im Moment versuchen wir da noch, mit der existierenden Personaldecke auszukommen. Aber auch eine Beratung kostet natürlich etwas.
Wofür brauchten Sie die überhaupt?
Rademacher: Ich vergleiche das für mich oft mit einem Personal Trainer: Eine Beratung hilft einem, den inneren Schweinehund zu überwinden und sich bestimmten Themen auch wirklich zu widmen. Transformation ist anstrengend, tut manchmal auch ein bisschen weh. Aber am Ende ist man sehr zufrieden, dass man die Beratung erhalten hat, weil man mit ihr wächst.
Dimitrov: Ich sehe unsere Beratung hier als eine Art Coaching. Wir sind der Sparringspartner des L-Shop, vergeben Aufgaben und validieren die Ergebnisse. Damit tragen wir zur Wissensgenerierung von L-SHOP-TEAM bei und halten die finanzielle Last im Blick. Den Großteil der Arbeit übernimmt L-SHOP-TEAM selbst, und das ist auch gut so: Ein guter Berater macht sich irgendwann überflüssig.
Wobei konkret haben Sie geholfen?
Dimitrov: Konkret ging es, wie gesagt, ums Thema CSRD: Wir haben gemeinsam den Prozess aufgesetzt und bei der Stakeholder-Analyse und der doppelten Wesentlichkeitsanalyse unterstützt. Beides ist jetzt abgeschlossen. Nun wäre der nächste Schritt, sich um Datenpunkte zu kümmern. Aktuell haben wir aufgrund der vom Omnibus vorgeschlagenen Simplifizierungen und Vereinfachungen der Datenpunkte diesen Schritt pausiert. Darüber hinaus steht die Entscheidung bezüglich des Schwellenwerts der Mitarbeitenden aus. Bei einer Entscheidung für eine Berichtspflicht ab 1.000 Beschäftigten – statt wie bisher ab 250 – könnte auch der freiwillige VSME-Standard verwendet werden.
Unterstützen Sie auch beim Thema Lieferkettengesetz, Herr Dimitrov?
Dimitrov: Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ist ein aktuell sehr turbulentes Thema. Die aktuelle Regierung will es abschaffen, und die geltenden gesetzlichen Sorgfaltspflichten sollen bis zum Inkrafttreten eines neuen Gesetzes – mit Ausnahme von massiven Menschenrechtsverletzungen – nicht sanktioniert werden. Dazu plant die EU-Kommission eine Entkernung des EU-Lieferkettengesetzes (CSDDD). Bei der DDP GRUPPE und DDP Consulting unterstützen wir unsere Prüfungsmandanten und Beratungskunden in der Schnittstelle zwischen CSRD und LkSG/CSDDD und stehen als Sparringspartner zur Verfügung.
Gehen wir noch mal konkret rein: Wie sieht es bei L-SHOP-TEAM bei der ökologischen Transformation aus – bei Scope 1, 2 und 3?
Rademacher: Bei der Analyse stehen wir noch ganz am Anfang. Wir waren schon in den Startlöchern, von unserem Dienstleister Climate Partner unsere Emissionen in Scope 1 und 2 erheben zu lassen – und zudem einen sogenannten Dry Run zu machen, um uns auf die Berichtspflicht zu Scope 3 vorzubereiten. Aber im Moment haben wir, wie gesagt, die Pausetaste gedrückt.
Wegen des Omnibus?
Rademacher: Das war der Anlass. Er hilft uns aber auch, die Dinge Schritt für Schritt angehen zu können. Denn als Textilgroßhändler sind wir auch vom digitalen Produktpass betroffen: Da müssen wir Daten zu einzelnen Artikeln veröffentlichen. Auf diese Pflicht werden wir uns nun zunächst konzentrieren. Scope 1 und 2 wollen wir danach aber weiter erheben.
Scope 1 und 2 machen bei den Emissionen oft nur 10 bis 20 % aus. Der Rest ist Lieferkette. Was tun Sie in Scope 3?
Dimitrov: Das stimmt: Für das Geschäftsmodell von L-SHOP-TEAM ist die Lieferkette entscheidend, denn das Unternehmen produziert die Artikel ja nicht selbst. In Scope 3 ist der größte Spielraum für Verbesserung, gleichzeitig aber auch der größte Aufwand, weil man nicht alles unter Kontrolle hat. Hier haben Frau Rademacher und ihr Team schon viel gearbeitet und eine sehr ausführliche Lieferkettenanalyse gemacht. Sie haben sich etwa genau angeschaut: Woher kommen die Artikel? Wo werden die produziert? Und alle verfügbaren Herkunfts-Siegel auf der Website publiziert.
Rademacher: Hintergrund war für uns auch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Unsere eigenen Kunden sind zwar zum Teil nicht so groß, dass sie unter diese Richtlinie fallen. Aber sie beliefern eben oft große Partner, und die brauchen konkrete Angaben zur Lieferkette. Deshalb arbeiten wir eng mit den Lieferanten zusammen und bereiten alle Informationen im Vorhinein auf. Wenn man erst anfängt, wenn ein Kunde nachfragt, ist man nicht schnell genug sprechfähig.
In der Automobilbranche haben sich viele OEMs zusammengetan und gemeinsam ein Lieferketten-Blatt formuliert, das an alle Zulieferer rausging. Gibt es so etwas auch in der Textilbranche? Oder müssen Sie je nach Anfrage unterschiedliche Fragen beantworten?
Rademacher: Wir sind mit L-SHOP-TEAM in vielen europäischen Ländern vertreten. Alle diese Länder haben in Sachen Lieferkette ihre eigene Denke, deshalb erreicht uns hier ein bunter Strauß von Anfragen. Unsere Kunden sind auch oft sehr klein und selbst eher hemdsärmelig unterwegs. Wir bekommen auch manchmal verwirrende Anfragen, bei denen wir merken: Der Fragesteller weiß selbst nicht so genau, welche Informationen sein Kunde von ihm verlangt.
Wäre hier eine größere Standardisierung sinnvoll?
Rademacher: Es ist vor allem eine Frage der Wissensbildung: Wenn ich wenig weiß und Themen nicht einordnen kann, weiß ich auch nicht, was ich fragen muss. Deshalb würde hier kein neuer Standard helfen, sondern mehr Aufklärung.
Wichtiges Thema in der Textilbranche ist die Kreislaufwirtschaft. Nehmen Sie als Großhändler eigentlich auch Textilien zurück?
Rademacher: Nein, wir haben keine Sammelstelle. Dazu muss man sagen: Bei der Kreislaufwirtschaft steckt die gesamte Branche noch in den Kinderschuhen. Da muss zum Beispiel geschaut werden: Welche Textilien sind überhaupt kreislauffähig? Gerade bei veredeltem Mischgewebe ist die Wiederverwertung nur sehr eingeschränkt möglich. Wir haben einige Marken im Sortiment, die Textilien aus Schnittresten produzieren. Andere entwickeln ihre Produkte von vornherein so, dass sie möglichst ohne Mischgewebe auskommen. Eigentlich beginnt die Kreislauffähigkeit in der Produktentwicklung und -gestaltung. Dann kann man auch über vernünftige Rücknahmesysteme sprechen.
Dimitrov: Ohnehin ist Retourware selten, weil L-SHOP-TEAM nicht an den Einzelhandel liefert. Verkaufsfähige, einwandfreie Retouren werden wieder eingelagert und gehen erneut in den Verkauf. Fallen Retouren an, weil Artikel mit kleinen Fehlern oder Verschmutzungen behaftet sind, gibt es allerdings schon die Idee, sie nicht zu entsorgen, sondern zu sehr niedrigen Preisen an Mitarbeiter weiterzugeben. Das ist ein konkretes Projekt, das aus den Nachhaltigkeitsüberlegungen heraus entstanden ist.
Eine Verständnisfrage: Ihr Anspruch ist, „never out of stock“ zu sein – wie passt das eigentlich zum Gedanken der nachhaltigen Kreislaufwirtschaft? Bleibt da nicht notwendig Ware übrig?
Rademacher: Nein, es bleibt keine Ware übrig. Die Artikel in unserem Sortiment sind klassische, zeitlose blanko-Textilien, die für die Veredelung gemacht sind. Sie unterliegen keinem kurzfristigen Trend. Nimmt eine Marke Artikel aus dem Sortiment, wird uns das rechtzeitig angekündigt und wir haben Zeit, sie abzuverkaufen.
Frau Rademacher, auch wenn der L-Shop bislang noch keine Finanzierungspartner gebraucht hat: Wenn Sie sich in puncto Transformationsfinanzierung etwas wünschen könnten – was wäre das?
Rademacher: Dass es auch von der Finanzierungsseite her Anreize gibt für Firmen, die etwas bewirken wollen. Dann bemerken nämlich auch andere Unternehmen, warum es Sinn macht, die wesentlichen Punkte überhaupt erst mal zu entziffern – und zu investieren.
Dimitrov: Ich würde mir mehr Einheitlichkeit wünschen. Viele Banken entwickeln gerade grüne Finanzierungsmöglichkeiten. Firmen wie L-SHOP-TEAM bekommen dazu Umfragekataloge als Excel-Sheet, in denen Themen abgerufen werden, die mit Nachhaltigkeit verbunden sind. Bei unseren Kunden bemerken wir, dass diese Umfragen je nach Bank sehr unterschiedlich ausfallen. Teilweise geht es um konkrete Datenpunkte, teilweise um eine globalgalaktische Strategie, teilweise sind es nur Ja-Nein-Fragen. Da haben wir mit der CSRD auf einen neuen Standard gehofft, der solche Umfragen künftig unnötig macht. Jetzt könnte dieser neue Standard die VSME werden – das hoffe ich zumindest.
Zum Unternehmen
Der L-SHOP-TEAM aus Unna ist Deutschlands größter Textilgroßhändler für Promotion, Freizeit und Beruf. Das Unternehmen wurde 1980 als Druckerei mit dem Schwerpunkt Werbemittel gegründet, heute ist es ein reiner Großhändler und liefert Textilien, Accessoires und Veredelungsmaterialien für den europäischen B2B-Markt. Geführt wird der Familienbetrieb in zweiter Generation von den Zwillingsschwestern Kristin Rademacher und Andrea Herrmann sowie vom angestellten Geschäftsführer und langjährigem Mitarbeiter Stefan Schenk.