Für die Finanzierung der digitalen und klimaneutralen Transformation in NRW müssen nicht nur hohe Investitionsvolumina finanziert werden, sondern es müssen auch die passenden Finanzierungsinstrumente auf die jeweiligen Geschäftsmodelle mit ihren Chancen und Risiken abgestimmt werden. So benötigt ein Start-up mit einer neuen Geschäftsidee eine andere Art der Finanzierung als ein etablierter Mittelständler, dessen Produkte digital und klimaneutral werden sollen. Das zentrale Problem ist, dass sowohl Kapitalanleger als Kapitalnachfrager durch hohe Suchkosten häufig nicht zueinander finden. Fin.Connect.NRW könnte zu einer Lösung dieses Problems beitragen, die Transformationsfinanzierung zu verbessern und den Finanzstandort NRW zu stärken.

An der Finanzierung von großen Infrastrukturvorhaben sind häufig mehrere Banken, Sparkassen, Versicherungsunternehmen, Private Equity und Förderbanken beteiligt. Das Kapital zur Finanzierung der Transformation ist zwar vorhanden, allerdings dezentral verteilt, so dass Kooperationspartner häufig erst zusammenfinden müssen. Das liegt vor allem an Suchkosten aufgrund von Informationsasymmetrien. Dies ist vor allem in der Start-up und der Scale-up Finanzierung der Fall, da junge und kleinere Unternehmen häufig weniger sichtbar als etablierte Unternehmen.

Suchkosten zwischen Unternehmen und Finanzierern

In der Finanzierung der digitalen und klimaneutralen Transformation spielen Hausbanken mit ihrer Nähe zu den Firmenkunden eine herausragende Rolle, welche durch lange Geschäftsbeziehungen mit ihren Kunden geringere Suchkosten aufweisen. Von diesen langen Geschäftsbeziehungen profitieren sowohl die Unternehmen als auch die Banken. Für Unternehmen, die digitaler und klimaneutraler werden möchten, bietet sich in den meisten Fällen auch der klassische Bankkredit als Finanzierungsform an.

Jedoch gibt es auch Geschäftsmodelle, die sich grundlegender transformieren müssen und zu deren höherem Risikoprofil andere Finanzierungsformen besser passen als die Kreditfinanzierung oder aber bei denen die Kreditfinanzierung durch eine Eigenkapitalfinanzierung ergänzt werden muss. Zum Teil kann eine zusätzliche Eigenkapitalfinanzierung auch mit Hilfe von Förderbanken als bereitgestellt werden. Aufgrund der hohen Finanzierungsvolumina für die Transformation ist es aber nötig, mehr private Eigenkapitalfinanzierung zu mobilisieren. Das macht es zum einen erforderlich, dass NRW und seine Unternehmen sichtbarer für entsprechende Investmentfonds werden, und zum anderen, dass die Unternehmen besseren Zugang zu Informationen eben dieser Investmentfonds bekommen.

Matching-Plattform zur Reduzierung der Suchkosten

NRW könnte deshalb von einer Art „Gelbe Seiten“ für die Transformationsfinanzierung profitieren. Allerdings nicht als Buch, sondern in Form einer digitalen Matching-Plattform. Diese Plattform könnte die Suchkosten zwischen den Unternehmen und den Investoren reduzieren und so die Passgenauigkeit der Finanzierung verbessern. So könnten sich Unternehmen auf der Suche nach Eigenkapital über mögliche Investoren informieren, um dann mit ihnen in Kontakt treten zu können. Investoren können sich über diese Plattform aber auch mit anderen Investoren vernetzen, um entsprechende Investmentfonds für die Transformationsfinanzierung besser auflegen zu können oder um Anleger zu finden. Für die Plattform ist allerdings weniger relevant, dass die Investoren aus NRW stammen, sondern vielmehr, dass ein Mehrwert für NRW generiert wird. Aufgabe der Plattform könnte es auch sein, ausländische Investmentfonds auf konkrete Projekte und Investitionsvorhaben in NRW aufmerksam zu machen.

Für Banken bietet eine solche Matching-Plattform einen Mehrwert, z.B. wenn eine Kreditfinanzierung durch eine Eigenkapitalfinanzierung ergänzt werden soll, aber auch für die Finanzierung von Infrastrukturvorhaben durch mehrere Banken. Zudem könnten Bank und Unternehmen leichter einen ergänzenden Eigenkapitalinvestor finden.

Durch eine solche Matching-Plattform können sich Unternehmen über die möglichen Finanzierungsformen und deren Anbieter informieren. Dadurch können sie besser die passende Finanzierungsform für ihr jeweiliges Geschäftsmodell finden und vor allem eine Kombination von passenden Finanzierungsinstrumenten wählen, die ihnen am besten helfen, ihre jeweiligen Transformationsziele zu erreichen. Speziell für junge Unternehmen ohne jahrelange Beziehungen zu einer Hausbank werden sich die Finanzierungsbedingungen verbessern. Damit könnte NRW auch als Start-up und Scale-up Standort gestärkt werden.

Fin.Connect.NRW als zentrale Matching-Plattform für NRW

Eine Empfehlung der Studie „Transformation in NRW“ ist die Weiterentwicklung von Fin.Connect.NRW zu einer zentralen Informationsplattform für die Transformationsfinanzierung in NRW. Dabei könnten die folgenden Matching-Funktionen angestrebt werden:

  • Über Fin.Connect.NRW könnten Investmentfonds weitere potenzielle Anleger in NRW finden.
  • Unternehmen, die eine Kapitalmarktfinanzierung suchen, sollten Investmentfonds einfacher finden können.
  • Großunternehmen könnte Fin.Connect.NRW unterstützen, Partner für eine syndizierte Finanzierung mit mehreren Kreditgebern zu finden.
  • Start-ups und Scale-ups könnten durch Fin.Connect.NRW einen besseren Zugang zu Wagniskapital erhalten, indem sie für Investoren sichtbarer werden.

Durch die Stärkung der Vernetzung aller relevanter Akteure in NRW könnte Fin.Connect.NRW dazu beitragen, Informations- und Finanzierungslücken zu minieren.

Stärkung von NRW als Finanzstandort

Fin.Connect.NRW muss sich aber dabei nicht nur auf die Vernetzung zwischen Kapitalanbietern und Kapitalnachfragern beschränken. Denn Suchkosten bestehen auch am Arbeitsmarkt für Beschäftigte der Finanzbranche.

Durch eine bessere Vernetzung der Hochschulen mit der Finanzbranche könnte Fin.Connect.NRW auch dazu beitragen, NRW als Finanzstandort zu stärken und Humankapital für die Finanzierung in NRW auszubilden und zu halten. Die Potenziale der Transformation können damit auch für die Ausbildung der nächsten Generation von Bankern und Investoren genutzt werden. Für Universitäten und Fachhochschulen könnten interessante Praxisprojekte entstehen, die den Studierenden Einstiegsmöglichkeiten in Berufe der Finanzbranche in NRW ermöglichen. Für Unternehmen und Investoren bieten die Kontakte die Möglichkeit die Suche nach Talenten zu verbessern. Dies würde zur Stärkung des Finanzstandorts NRW beitragen.

 


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