Was ist die EU-Taxonomie

Mit der Klassifikation von nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten (EU-Taxonomie) soll die Finanzierung eines nachhaltigen Wachstums in der Europäischen Union (EU) gestärkt werden. Rechtliche Grundlage ist die Taxonomie-Verordnung des Europäischen Parlamentes und Rates, welche am 12. Juli 2020 in Kraft trat. Im Gegensatz zu Richtlinien, die von den EU-Ländern in nationales Recht umgesetzt werden, gilt die Taxonomie-Verordnung seit dem Tag des Inkrafttretens in der gesamten EU (Anwendung des EU-Rechts). 

Mit der Etablierung einer einheitlichen Nachhaltigkeitsklassifizierung soll die EU-Taxonomie Kapitalströme zu nachhaltigen Projekten zu leiten, Finanzierungspotenziale zur Förderung emissionsarmer Technologien ausschöpfen und die Investitionslücke bei der Finanzierung der Klimaziele auf dem Finanzmarkt langfristig schließen. Durch die langfristigen Risiken des Klimawandels liegt eine wirtschaftliche Neuausrichtung zur Minderung und Anpassung an den Klimawandel nicht nur im öffentlichen, sondern auch im privaten Interesse von langfristigen Anlegern, wie Pensionskassen, Versicherungen oder Vermögensverwaltern. Allerdings besteht der Bedarf nach einheitlichen Kriterien, um nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten zu erkennen und geeignete Finanzierungsinstrumente auf dem Finanzmarkt zu entwickeln. Konkret definiert die EU-Taxonomie neben den Zielen Klimaschutz und Klimawandelanpassung weitere vier Umweltziele, welche in Abbildung 1 dargestellt sind. Um als Taxonomie-konform und damit als nachhaltig eingestuft zu werden, muss sie eine passende wirtschaftliche Aktivität zugeordnet werden und folgende vier Kriterien erfüllen: 

  1. Sie muss einen wesentlichen Beitrag für mindestens ein Umweltziel leisten.
  2. Sie darf keines der anderen Umweltziele signifikant beeinträchtigen.
  3. Sie muss ein Minimum an Sicherheitsstandards erfüllen, um einen negativen sozialen Einfluss zu vermeiden. 
  4. Sie muss technischen Auswahlkriterien entsprechen, die von der EU Technical Expert Group entwickelt wurden.

Die Taxonomie erkennt drei Arten von Aktivitäten an:

  • „Grüne“ Aktivitäten leisten einen direkten Beitrag zur Erfüllung eines oder mehrere Umweltziele, wie beispielsweise die emissionsfreie Energieerzeugung oder energetische Gebäudesanierung.
  • Enabling-Aktivitäten unterstützen komplementär andere Aktivitäten bei dem Erreichen eines Umweltziels, wie beispielsweise Datenservices zur Optimierung der Steuerung erneuerbarer Energienetze oder die Herstellung von Komponenten kohlenstoffarmer Technologien (hier gelten strenge Zusatzanforderungen). 
  • Transition-Aktivitäten sind solche, für die es noch keine CO2-arme Alternative gibt, die aber den Übergang in eine klimaneutrale Wirtschaft unterstützen. Sie müssen allerdings mit dem langfristigen Ziel ‚Klimaschutz‘ vereinbar sein. Die Energiegewinnung durch Kernkraft gilt als Transition-Aktivität. 

 

Welche Unternehmen betrifft die EU-Taxonomie?

Die EU-Taxonomie ist ein Ordnungs- und Strukturierungssystem. Der Erfassungsbereich für eine Klimaschutzbewertung auf Basis der EU-Taxonomie beinhaltet Regelungen für insgesamt 13 Sektoren, die für fast 80 Prozent der direkten Treibhausgase verantwortlich und in denen EU-weit 40 Prozent der börsennotierten Unternehmen tätig sind (Link). Darunter fallen unter anderem Wirtschaftsaktivitäten in den Sektoren Energie, Verarbeitendes Gewerbe, Transport, Forstwirtschaft oder der Gebäudesektor. 

Die Klassifizierung der EU-Taxonomie findet über zwei Regelwerke für Unternehmen und Banken Anwendung (Abbildung 2). Banken und Kapitalanlagegesellschaften müssen ihre Kreditvergabe und Kapitalanlage über die Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor, der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR), an Nachhaltigkeitszielen ausrichten. Die SFDR wurde 2019 beschlossen und trat im März 2021 in Kraft. Die Umsetzung erfolgte für verschiedene Finanzprodukte in zwei Stufen in den Jahren 2021 und 2023. Die Finanzinstitute fordern seither zunehmend Informationen zur Nachhaltigkeit von ihren Kunden ein. 

Unternehmen müssen die EU-Taxonomie im Rahmen der nichtfinanziellen Berichterstattungspflichten (Non-Financial Reporting Directive, NFRD) befolgen, die bis 2025 durch die Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD ersetzt wird. Die NFRD betrifft alle großen börsennotierten Unternehmen, Banken und Versicherungen mit mehr als 500 Mitarbeitenden und somit rund 11.700 Unternehmen in der EU. Im Rahmen der NFRD sind Unternehmen zur Offenlegung von Informationen verpflichtet, inwiefern sie Umwelt- Sozial-, und Arbeitnehmerbelange, Menschenrechte und den Kampf gegen Korruption und Bestechung in ihrer Arbeit und ihrem Geschäftsmodell berücksichtigen. Zur Ausweitung der Berichtspflichten und zur Einführung gemeinsamer europäischer Berichtsstandards haben sich die Europäische Kommission, der Europäische Rat sowie das Europäische Parlament am 21. Juni 2022 auf eine neue EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung für Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) geeinigt, welche am 5. Januar 2023 in Kraft getreten ist und dessen Vorschriften innerhalb von 18 Monaten von den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden müssen. Die CSRD ist eine Aktualisierung und Stärkung der NFRD. Im Rahmen der CSRD steigt die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen EU-weit auf 49.000. Im Gegensatz zur NFRD werden auch kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) erfasst, die kapitalmarktorientiert sind, sowie große Tochterunternehmen von internationalen Konzernen. Kleinstunternehmen sind vom Anwendungsbereich ausgenommen. Berichtspflichtige Unternehmenskunden können aber Nachhaltigkeitsberichte von ihren Zulieferern verlangen, so dass die CSRD indirekt auch Auswirkungen auf kleinere Unternehmen hat. Kleinere Unternehmen sollten sich deshalb auch mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung vertraut machen.    

Die Berichtsanforderungen der CSRD gelten für die Geschäftsjahre ab 2024 (Berichterstattung in 2025) zunächst weiterhin nur für Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Beschäftigte. Sie werden dann jedoch sukzessive ausgeweitet. Ab 2025 werden auch andere bilanzrechtlich große Unternehmen sowie große Banken und Versicherungsgesellschaften erfasst, sofern sie mehr als 250 Beschäftigte, eine Bilanzsumme über 25 Mio. Euro aufweisen oder mehr als 50 Mio. Euro Jahresumsatz erwirtschaften. Ab 2026 fallen auch kapitalmarktorientierte und bilanzrechtlich kleine und mittlere Kapitalgesellschaften (KMU) in den Geltungsbereich der CSRD. Damit sollen bestehende Lücken bei den Berichtsvorschriften geschlossen sowie gemeinsame europäische Berichtsstandards eingeführt werden, um die Transparenz hinsichtlich der Nachhaltigkeit von Wirtschaftsaktivitäten auf dem Kapitalmarkt weiter zu erhöhen. Das Gegenstück zur CSRD, die Unternehmen der Realwirtschaft betrifft, wendet sich die SFDR an Finanzinstitute. Sie müssen Informationen im Einklang mit der EU-Taxonomie und der CSRD offenlegen (Abbildung 2). 

Ein wichtiger Teil der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist die CO²-Bilanzierung von einzelnen Produkten, Produktionsprozessen und Unternehmen. Hierzu liegen diverse Aktivitäten und Software-Tools vor. 

 

Wo finde ich verbindliche und hilfreiche Informationen?

Aktuelle Informationen zum Thema mit Links zu den rechtlich bindenden Originaldokumenten sowie einem EU-Taxonomie Navigator lassen sich auf der Webseite der Europäischen Kommission finden. Die Webseite des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) bietet zudem ein FAQ zur EU-Taxonomie und seiner rechtlichen Grundlage. Des Weiteren hat das IW im Jahr 2021 eine umfassende Studie zum Thema erstellt. Mittlerweile bestehen zur EU-Taxonomie sowie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung zudem etliche spezialisierte Beratungs- und Begleitungseinrichtungen (öffentlich finanzierte Einrichtungen oder Unternehmensberatungen) als auch Software und Tools zur automatisierten Berichterstellung sowie Netzwerke und Multiplikatoren für Veranstaltungen und Newsletter. Auf den entsprechenden Homepages sind die Informationen und Hintergründe der EU Taxonomie frei verfügbar. Beispiele hierfür sind 

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