Die Transformation der Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen hin zur Nachhaltigkeit erfordert große Investitionen, die durch einen breiten Mix an Partnern finanziert werden müssen. Welche Hindernisse dabei auf die Unternehmen und die Finanzierer treffen, wurde auf dem Workshop diskutiert.

Mit Fin.Connect.NRW ist ein Netzwerk entstanden, das Finanzinstitutionen und Unternehmen der Realwirtschaft zusammenführt und neue Möglichkeiten der Transformationsfinanzierung eröffnen soll. Initiator von Fin.Connect.NRW ist das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen.

Der Workshop am 22. August 2023 diente dazu, die Rolle der Banken und Kapitalmärkte zur Unterstützung der Transformationsfinanzierung aufzuzeigen und zu diskutieren.

Den ersten Impuls hielt Markus Demary vom Institut der deutschen Wirtschaft. Er begann mit einer Gegenüberstellung des jährlichen Finanzierungsbedarfs von 65 bis 79 Mrd. Euro und der jährlichen gesamtwirtschaftlichen Ersparnis aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung für NRW von 66 Mrd. Euro. Im pessimistischen Szenario müsste NRW demnach jährlich 13 Mrd. Euro an Kapital importieren. Seiner Einschätzung nach müsse aber selbst im optimistischen Szenario (Finanzierungsbedarf von 65 Mrd. Euro) berücksichtigt werden, dass die Ersparnis die Investitionen aufgrund des Risikogehalts nur schwer finanzieren kann, da Haushalte eine Präferenz für risikoarme Kapitalanlagen haben und gleichzeitig viele der benötigten Innovationen noch nicht marktreif sind, und deshalb für die Bankfinanzierung zu riskant sind. Aufgrund dieses Mismatches von Kapitalangebot und Kapitalnachfrage finden diese Investitionen nur schwer Finanzierung. Demary hob hervor, dass vier Finanzierungsengpässe die Transformation hemmten: Der erste Engpass entstünde durch die Such- und Matching-Kosten der Unternehmen für die passende Finanzierung. Zur Lösung des Problems nannte er eine Matching-Plattform für Kapitalanbietende und Kapital suchende Unternehmen. Der zweite Engpass liegt in fehlendem Eigenkapital der Banken für die Kreditvergabe. Eine Lösung dieses Problems könnte eine Verbriefungsplattform sein. Der dritte Engpass entstünde dadurch, dass auch die Banken ihre Portfolien dekarbonisieren müssen. Mehrere Wortmeldungen aus dem Publikum bekräftigten diesen Punkt. Hier wurde auf die Wichtigkeit von Transformationsberatung für kleine und mittelständische Unternehmen hingewiesen. Der letzte Engpassfaktor für die Finanzierung läge in der Zukunft, so Demary. Da die Transformation über Schulden finanziert werden, könnte auf die Transformation eine Phase der Schuldenkonsolidierung mit geringer Investitionstätigkeit folgen. Hier sah Demary die Wirtschaftspolitik in der Pflicht, ein dauerhaft wachstumsfreundliches Umfeld zu schaffen.

Den zweiten Impuls gab Stephan Mayer von den Stahlwerken Bochum, einem mittelständischen Hidden Champion, der hochverschließfeste Werkzeuge für das Recycling herstellt. Herr Mayer stellte das inhabergeführte KMU vor, das bereits mitten in der Transformation ist und seit 2012 kontinuierlich Energie einspart. Zudem bestehe eine Strategie für die Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare Energien, so Mayer. Herr Mayer zeigte aber auch Hindernisse für Unternehmen auf. So bedeute eine Investition nicht nur eine neue Energiekette, neue Steuerungen und neue EDV, sondern es würde auch ein Eingriff in laufende Anlagen und Prozesse stattfinden. D.h., dass eine bestehende Anlage abgeschaltet werden muss, um eine neue Anlage zu errichten, was gerade die Finanzierung aus dem Cash-Flow erschweren würde.

Ingo Nolden von der HSBC schloss die Impulsrunde mit einer Präsentation zur ESG-konformen Finanzierung ab. Diese Finanzierungen seien vor allem durch globale Faktoren getrieben. So steigen die Anforderungen an das Nachhaltigkeitsreporting für Investoren und Emittenten. Taxonomien zur nachhaltigen Entwicklung entstünden zwar auch in anderen Regionen, die EU-Taxonomie sei hier aber zurzeit am striktesten. Zudem erläuterte Herr Nolden, dass Bilanzierungsregeln immer mehr auch die Nachhaltigkeit der Unternehmen widerspiegeln sollen und dass die Aufsichtsbehörden auf die ESG-Risiken und deren Behandlung hindrängen. Herr Nolden zeigte aber auch Widersprüche zwischen den Bereichen „Environmental“, „Social“ und „Governance“ auf. So kann das Segment „Social“ durch günstigen Wohnraum erfüllt werden, was aber im Gegensatz zu „grünen“ Gebäuden stehen kann, die durch ihre höheren Standards auch höhere Baukosten und damit eine höhere Kaltmiete aufweisen. Insgesamt zeige sich aber am Anleihemarkt, dass der Bereich „Green“ zurzeit dominiere. Diese Assetklasse böten den Emittenten deutliche Vorteile, so Nolden, wie ein besserer Zugang zu Investoren, ein positiver Impact, Reputationsgewinne sowie bessere Finanzierungskonditionen.

Die Themen wurden in einer anschließenden Paneldiskussion vertieft. Insgesamt konnte festgehalten werden, dass die Transformation und deren Finanzierung ein spannendes Thema ist, das die Wirtschaft in NRW, Deutschland und anderswo noch für längere Zeit begleiten wird. Einigkeit bestand aber darüber, dass Bürokratie eher ein Hindernis für die Transformation sein kann und Maßnahmen wie eine steuerliche FuE-Förderung die Transformation auch ohne zusätzliche Bürokratie befördern können.

Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie in den Präsentationen der Referenten und in Kürze im Video zur Veranstaltung.

Download:

Finden Sie hier die Präsentationsunterlagen der Referenten im PDF-Download:


Ansprechpartner:in