1. Warum rücken Transformationspläne jetzt in den Fokus?

Mit dem European Green Deal hat die Europäische Kommission im Dezember 2019 eine umfassende Wachstumsstrategie vorgelegt, mit dem Ziel, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen (Europäische Kommission, 2019). Der Green Deal markiert dabei einen Paradigmenwechsel: Klimaschutz ist nicht mehr nur eine ökologische, sondern eine wirtschaftspolitische Aufgabe erster Ordnung. Unternehmen sollen fortan nicht nur nachhaltig wirtschaften, sondern ihre Geschäftsmodelle aktiv auf die Ziele des Pariser Klimaabkommens, insbesondere das 1,5 °C-Ziel, ausrichten.

In diesem Kontext gewinnen Transformations- bzw. Transitionspläne an rechtlicher Relevanz. Gemeint sind strukturierte Fahrpläne, mit denen Unternehmen oder Finanzakteure den Umbau ihrer Wertschöpfung hin zu einer klimaneutralen, ressourcenschonenden Wirtschaftsweise planen, dokumentieren und umsetzen. Diese Pläne sind längst nicht mehr nur freiwillige Strategieinstrumente, sondern werden zunehmend gesetzlich eingefordert und überprüft.

Ein zentrales Instrument ist die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die im Januar 2023 in Kraft trat (Richtlinie (EU) 2022/2464). Sie verpflichtet große Unternehmen in der EU, im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung auch offenzulegen, wie ihre Geschäftsstrategie mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und dem 1,5 °C-Ziel in Einklang steht (Art. 19a Abs. 2 lit. a Ziff. iii der Richtlinie 2013/34/EU in der Fassung der CSRD).

Die konkrete Ausgestaltung dieser Berichtspflichten erfolgt über die European Sustainability Reporting Standards (ESRS), insbesondere über ESRS E1-1 „Transition Plan for climate change mitigation“. Dieser verlangt unter anderem die Darstellung von Emissionsminderungspfaden, Investitionsentscheidungen, Zeitplänen und Fortschrittskontrollen (Delegierte Verordnung (EU) 2023/2772, Anhang I, ESRS E1).

Auch in der Umweltgesetzgebung schlägt sich der Transformationsgedanke nieder: Die überarbeitete Industrieemissionsrichtlinie (IED 2.0) sieht in Artikel 27d erstmals eine Pflicht zur Erstellung eines „Transformation Plan“ für genehmigungspflichtige Industrieanlagen vor. Ziel ist es, den Weg hin zu einer emissionsarmen, ressourceneffizienten Produktion bis 2030 bzw. 2050 darzulegen (vgl. COM (2022) 156 final; Proposal for a Directive on Industrial Emissions).

Hinzu kommt der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM), der seit 2023 schrittweise eingeführt wird. Er verpflichtet insbesondere energieintensive Importeure dazu, Emissionsdaten für importierte Produkte nachzuweisen, was mittelbar voraussetzt, dass Hersteller im Ausland glaubwürdige Dekarbonisierungspläne bzw. Transitionstrategien vorlegen können. Damit wird auch über die Grenzen der EU hinaus ein Anreiz für Transformation geschaffen.

Parallel dazu hat die europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA neue Leitlinien zum Management von ESG-Risiken veröffentlicht (EBA/GL/2025/01). Darin wird zwar der Begriff „Transitionsplan“ nicht explizit verwendet, jedoch klar definiert, dass Banken künftig konkrete Pläne zur Steuerung von Transitionsrisiken und zur Erreichung der Net-Zero-Ziele vorlegen müssen. Grundlage dafür sind unter anderem Treibhausgasdaten nach dem PCAF-Standard, die im Kredit- und Investmentportfolio erfasst werden.

Schließlich diskutierte auch die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) im Rahmen der sog. Omnibus-Anpassung die Einführung verpflichtender Klimatransformationspläne für große Unternehmen. Zwar wurde die ursprünglich vorgesehene Pflicht zur „verbindlichen Umsetzung“ eines solchen Plans in der derzeit aktuellen Fassung abgeschwächt, doch bleibt die Pflicht zur Erstellung und Fortschrittsdarstellung bestehen (vgl. Entwurf der CSDDD, Art. 22 Abs. 1 i.V.m. Omnibus-Vorschlag der Kommission).

Über diese zentralen EU-Regelungen hinaus gibt es auch auf nationaler Ebene verbindliche Anforderungen: In Deutschland verpflichtet etwa das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) energieintensive Unternehmen zur Einführung von Umweltmanagementsystemen inklusive CO₂-Reduktionspfaden bis 2045 (§ 8 EnEfG). Auch viele Förderprogramme des Bundes, etwa die Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft (BEW), verlangen Transformationskonzepte als Fördervoraussetzung.

Diese Entwicklungen zeigen: Transformationspläne sind nicht länger Zukunftsvision, sondern werden zur rechtlichen und wirtschaftlichen Notwendigkeit. Sie verbinden Klimaziele mit Berichtspflichten, Investitionsentscheidungen und unternehmerischer Strategie und stellen damit eine zentrale Schnittstelle zwischen Nachhaltigkeitspolitik und Unternehmenssteuerung dar.

2. Was fordern CSRD und ESRS konkret von Unternehmen?

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist die zentrale EU-Richtlinie zur Weiterentwicklung der nichtfinanziellen Berichterstattung. Sie verpflichtet Unternehmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, und zwar nicht nur zu Umwelt- und Sozialthemen, sondern auch zur strategischen Steuerung der unternehmerischen Transformation im Sinne der Klimaziele der EU. Lesen Sie hierzu unser Basics Nr. 2 (Link).

Ein zentrales Element dieser Berichterstattung ist der Nachweis, wie Unternehmen ihre Geschäftsmodelle und Strategien an das Ziel einer klimaneutralen, nachhaltigen Wirtschaft anpassen und ob sie damit im Einklang mit dem 1,5 °C-Ziel des Pariser Klimaabkommens stehen (CSRD, Art. 19a Abs. 2 lit. a Ziff. iii, in Verbindung mit Art. 1 CSRD zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU) [CSRD 2022].

Berichtspflicht zu Transitionsplänen

Obwohl die CSRD den Begriff „Transitionsplan“ nicht explizit verwendet, ist die inhaltliche Pflicht zur Offenlegung eines Transformationsplans eindeutig vorhanden. So heißt es in Artikel 19a Abs. 2 der CSRD:

„Die Informationen […] umfassen zumindest […] die Pläne des Unternehmens sicherzustellen, dass sein Geschäftsmodell und seine Strategie mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft sowie mit der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C im Einklang mit dem Pariser Abkommen vereinbar sind, und Informationen über die Umsetzung dieser Pläne.“

Die CSRD gilt gestaffelt:

  • Ab 2025 für Unternehmen, die bereits unter die Non-Financial Reporting Directive (NFRD) fielen,
  • ab 2026 für große Unternehmen, die bisher nicht berichtspflichtig waren (mind. 250 Mitarbeitende + 40 Mio. € Umsatz oder 20 Mio. € Bilanzsumme),
  • ab 2027 für kapitalmarktorientierte KMU (mit Opt-out bis 2028),
  • perspektivisch auch für Nicht-EU-Unternehmen mit erheblichem EU-Umsatz.

Aktuelle Lage zur Gültigkeit der CSRD und Einfluss des Omnibus-Pakets

Die CSRD (Richtlinie (EU) 2022/2464) ist formal seit Januar 2023 in Kraft. Die Mitgliedstaaten waren verpflichtet, sie bis zum 6. Juli 2024 in nationales Recht umzusetzen. Diese Umsetzung ist in Deutschland bislang nicht abgeschlossen, was für erhebliche Rechtsunsicherheit sorgt.

Zudem hat die Europäische Kommission im Oktober 2023 den sogenannten „Omnibus-Vorschlag“ (COM (2023) 717 final) vorgelegt. Ziel war es, Unternehmen administrativ zu entlasten, indem:

  • die verpflichtende Anwendung der ESRS-Standards um zwei Jahre verschoben wird (für große Unternehmen ohne NFRD-Erfahrung: von 2026 auf 2028),
  • und insbesondere Pflichten zur Umsetzung von Klimatransformationsplänen abgeschwächt werden (z. B. im Entwurf zur CSDDD, Art. 22).

Diese Vorschläge sind aktuell noch nicht final beschlossen, haben aber zu breiter Kritik geführt, etwa von Investorengruppen und Nachhaltigkeitsverbänden, die eine Verwässerung der Berichtspflichten befürchten. Unsere Positionierung finden Sie hier: Link

ESRS E1-1: Der Transitionsplan als Berichtselement

Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) konkretisieren die Vorgaben der CSRD. Der für den Klimaschutz zentrale Standard ESRS E1 „Climate Change“ enthält in Abschnitt E1-1 explizite Vorgaben zur Berichterstattung über Transitionspläne.

Ziel der Berichterstattung nach ESRS E1-1 ist es, offenzulegen, ob und wie das Unternehmen auf einem mit dem 1,5 °C-Ziel kompatiblen Pfad zur Klimaneutralität ist. Unternehmen müssen insbesondere:

  • ihren Übergangsplan zur Klimaschutzminderung darlegen,
  • einen kurz-, mittel- und langfristigen Zeithorizont aufzeigen,
  • Kernmaßnahmen des Plans beschreiben (z. B. Emissionsminderungspfade, technologische Umstellungen, Investitionsentscheidungen),
  • Zwischenziele (Meilensteine) definieren,
  • den Stand der Umsetzung sowie Mechanismen zur Fortschrittsüberwachung offenlegen.

Der Standard betont, dass Transitionspläne in die Gesamtstrategie des Unternehmens integriert sein müssen und nicht losgelöst betrachtet werden dürfen (ESRS E1, Disclosure Requirement E1-1) [ESRS 2023].

Verbindung zu weiteren ESRS-Standards

Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) gliedern sich in thematische und querschnittliche Berichtsanforderungen. Zwei wichtige Querschnittsbereiche sind:

  • IRO (Impact, Risk and Opportunity): Hier geht es um die systematische Identifikation wesentlicher Auswirkungen, Risiken und Chancen in Bezug auf Nachhaltigkeit.
  • SBM (Strategy and Business Model): Dieser Abschnitt behandelt, wie Nachhaltigkeitsthemen strategisch im Geschäftsmodell verankert sind.

Auch in anderen ESRS finden sich Querverbindungen zu Transitionsplänen:

  • ESRS 2 IRO-1: Unternehmen müssen wesentliche Klima- und Transitionsrisiken im Rahmen ihrer Wesentlichkeitsanalyse identifizieren.
  • ESRS 2 SBM-3: Strategische Steuerungsmaßnahmen im Zusammenhang mit ESG-Themen, darunter auch Pläne zur Transformation, sind explizit zu erläutern.
  • ESRS E1-2 bis E1-9: fließen in die quantitative Bewertung des Transitionsplans ein (z. B. Scope 1–3-Emissionen, Emissionsintensitäten, Investitionsausgaben).

Damit bilden die Transitionspläne inhaltlich und formal eine Klammer zwischen Strategie, Risiko, Investitionen und Wirkung. Sie rücken in den Mittelpunkt der neuen Unternehmensberichterstattung.

Abgrenzung zur freiwilligen Berichterstattung

Die ESRS-Normen heben ausdrücklich hervor, dass Transitionspläne nicht als „nice to have“ oder freiwilliges Strategiepapier verstanden werden, sondern als verpflichtender Bestandteil der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Nur wenn ein Unternehmen glaubhaft machen kann, dass kein solcher Plan erforderlich ist (z. B. aufgrund einer bereits vollständig klimaneutralen Geschäftstätigkeit), kann es auf eine ausführliche Offenlegung verzichten, muss dies aber begründen („comply or explain“-Prinzip).

3. Was bleibt vom ursprünglichen Umsetzungsgebot in der CSDDD?

Die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), auch als EU-Lieferkettenrichtlinie bekannt, erweitert die unternehmerische Verantwortung über die eigene Organisation hinaus auf globale Wertschöpfungsketten. Ursprünglich zielte sie auch darauf ab, Unternehmen bei der Erreichung der Klimaziele verbindlich zur Umsetzung von Transitionsplänen zu verpflichten. Im finalen Text, wie er im Frühjahr 2025 nach langen Trilogverhandlungen beschlossen wurde, blieb von dieser ambitionierten Idee allerdings nur eine abgeschwächte Berichtspflicht übrig.

Ursprünglich geplant: Verpflichtende Umsetzung von Klimatransformationsplänen

In den Entwürfen der Kommission und des Europäischen Parlaments war vorgesehen, dass Unternehmen einen Klimatransformationsplan erstellen und „wirksam umsetzen“ müssen, um ihr Geschäftsmodell mit den Zielen des Pariser Abkommens, insbesondere der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C, in Einklang zu bringen.

In Artikel 15 Absatz 1 des ursprünglichen Entwurfs (vormals Artikel 22) hieß es:

„Member States shall ensure that companies put into effect, in an enforceable manner, a plan to ensure that the business model and strategy of the company are compatible with the transition to a sustainable economy and with limiting global warming to 1.5 °C.“
(CSDDD, KOM (2022) 71 final)

Diese Formulierung hätte bedeutet, dass Unternehmen nicht nur planen, sondern auch konkrete Maßnahmen zur Transformation nachweisen und umsetzen müssten, mit potenziellen Haftungsfolgen bei Nichterfüllung.

Rolle des Omnibus-Vorschlags: Abschwächung der Umsetzungspflicht

Im Februar 2025 legte die Europäische Kommission mit dem sogenannten „Omnibus-I“-Paket (COM (2025) 80 ff.) ein umfassendes Entlastungspaket für Unternehmen vor. Neben Fristverschiebungen und Schwellenwerterhöhungen bei der CSRD enthielt es auch eine inhaltliche Neujustierung der CSDDD: Die ursprünglich vorgesehene Pflicht zur verbindlichen Umsetzung des Klimaplans („put into effect“) wurde gestrichen.

Der finale CSDDD-Text greift diesen Vorschlag auf:

  • Unternehmen sind nun verpflichtet, einen Plan zur Einhaltung der Klimaziele zu erstellen und offenzulegen,
  • jedoch nicht mehr verpflichtet, diesen Plan in einer einklagbaren Weise umzusetzen.
  • Die neue Formulierung konzentriert sich auf „adopt and update“ statt auf „put into effect“ und bietet so Flexibilität in der Umsetzung.

Damit folgt der Gesetzgeber dem Argument, dass Unternehmen für Maßnahmen zur Dekarbonisierung in globalen Wertschöpfungsketten nicht immer über vollständige Kontrolle verfügen. Gleichzeitig kritisieren viele Beobachter diese Änderung als politischen Rückschritt und Schwächung der EU-Klimapolitik im Bereich unternehmerischer Sorgfalt.

Verbindung zur CSRD und inhaltliche Überschneidungen

Trotz der Abschwächung enthält die CSDDD klare Verweise auf die CSRD und die ESRS, insbesondere wenn es um klimabezogene Offenlegungen und Strategieanpassungen geht. In der Praxis werden Unternehmen daher oft denselben Transitionsplan sowohl zur Erfüllung der CSRD als auch zur Einhaltung der CSDDD verwenden, mit dem Unterschied, dass:

  • die CSRD auf Transparenz und Berichterstattung für Stakeholder zielt,
  • die CSDDD auf menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflichten im Kerngeschäft und entlang der Lieferkette.

Die CSDDD verpflichtet zudem zur regelmäßigen Überprüfung und Aktualisierung des Plans, was faktisch ein kontinuierliches Klimamanagement voraussetzt, selbst wenn eine strikte Umsetzungspflicht nicht mehr besteht.

Implikationen für Unternehmen

Unternehmen sollten die Abschwächung nicht als Einladung zum „Greenwashing“ verstehen. Vielmehr:

  • bleibt der Erwartungsdruck von Investoren, Banken und Kunden hoch, tatsächlich Fortschritte in der Dekarbonisierung zu erzielen,
  • kann ein Transitionsplan ohne Umsetzung leicht als Greenwashing interpretiert werden, mit Reputations- und Vertrauensverlusten,
  • gilt weiterhin: Wer glaubwürdig finanzieren, berichten und wirtschaften will, braucht einen realistischen und belastbaren Transformationsfahrplan, unabhängig von der juristischen Umsetzungspflicht.

 

4. Wie verbindlich sind Transformationspläne in der Industrie?

Neben der CSRD betrifft die Notwendigkeit von Transformationsplänen nicht nur die Unternehmensberichterstattung, sondern auch die industrielle Produktion selbst. Mit der im April 2022 veröffentlichten Überarbeitung der Industrieemissionsrichtlinie (IED) verfolgt die Europäische Kommission das Ziel, energieintensive Industrieanlagen nicht nur emissionsärmer, sondern langfristig klimaneutral, ressourcenschonend und umweltverträglich zu gestalten. Ein zentrales neues Element dieser „IED 2.0“ ist die Verpflichtung zur Erstellung eines sogenannten „Transformationsplans“ auf Anlagenebene (Artikel 27d IED-Entwurf) [Europäische Kommission 2022].

Pflicht zur Erstellung eines Transformationsplans (Artikel 27d IED-Entwurf)

Gemäß dem Vorschlag der Europäischen Kommission sollen Betreiber genehmigungspflichtiger Industrieanlagen künftig verpflichtet sein, für jede relevante Anlage einen Transformationsplan zu erstellen. Dieser soll aufzeigen, wie die jeweilige Anlage:

  • bis spätestens 2030 oder 2050 mit den Zielen des Europäischen Green Deal in Einklang gebracht wird,
  • klimaneutral sowie energie- und ressourceneffizient betrieben werden kann,
  • und in welchen Etappen (inkl. Meilensteinen) diese Transformation erfolgen soll.

Die Transformationspläne sollen Bestandteil des Genehmigungs- und Überwachungsverfahrens gemäß IED sein. Die Behörde kann Genehmigungen verweigern oder anpassen, wenn der Plan nicht vorliegt oder nicht ambitioniert genug ist.

Zudem wird die Kommission bis spätestens 2026 eine delegierte Verordnung erlassen, die konkretisiert, welche Inhalte ein solcher Transformationsplan aufweisen muss. Etwa zur Emissionsreduktion, Energieeinsparung, eingesetzten Technologien, eingesparten Ressourcen und Investitionsbedarfen (vgl. Artikel 27d Abs. 7 IED-Entwurf).

Wer ist betroffen?

Die IED gilt für rund 50.000 große Industrieanlagen in Europa, darunter:

  • Kraftwerke,
  • Stahl-, Zement-, Chemie- und Papierindustrie,
  • Intensivtierhaltung,
  • Abfallbehandlungsanlagen.

Auch in Deutschland fallen mehrere tausend Anlagen unter das Anwendungsregime der IED. Unternehmen, die mehrere genehmigungspflichtige Anlagen betreiben, müssen entsprechend mehrere individuelle Transformationspläne aufstellen, zusätzlich zur ggf. übergeordneten CSRD-Berichterstattung auf Unternehmensebene.

5. Welche Rolle spielen Transitionspläne im Bankensektor?

Auch im Finanzsektor werden Transition- bzw. Transformationspläne zunehmend aufsichtsrechtlich eingefordert, allerdings nicht primär für einzelne Unternehmen, sondern als Instrument des ESG-Risikomanagements von Kreditinstituten. Maßgeblich sind hier die neuen Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) vom 8. Januar 2025 (EBA/GL/2025/01), die sich auf Artikel 74 der Eigenkapitalrichtlinie (CRD VI) stützen.

Hintergrund: ESG-Risiken als aufsichtliche Kernaufgabe

Die EBA betont in ihren Leitlinien, dass sogenannte ESG-Risiken, insbesondere Transitionsrisiken, zentrale Risikotreiber für Banken darstellen. Transitionsrisiken entstehen dabei durch gesetzliche, technologische oder marktbedingte Umstellungen hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft. Kreditinstitute müssen künftig:

  • ESG-Risiken in ihrer Strategie, Governance, Risikosteuerung und Offenlegung explizit berücksichtigen,
  • relevante ESG-Daten über ihre Kredit- und Investmentportfolios erfassen,
  • Treibhausgasemissionen ihrer Kreditnehmer messen (nach dem PCAF-Standard),
  • und daraus abgeleitete Steuerungsmaßnahmen entwickeln.

Transitionspläne im Fokus

Auch wenn der Begriff „Transitionsplan“ in den EBA-Leitlinien nicht wörtlich auftaucht, sind die inhaltlichen Anforderungen an strategische Pläne zur Steuerung von Transitionsrisiken eindeutig gegeben. Banken sollen insbesondere:

  • den Einfluss von Klimapolitik und Emissionsvorgaben auf ihre Portfolios analysieren,
  • bewerten, inwieweit die Kreditnehmer selbst über Transformationspläne verfügen,
  • eigene klimabezogene Zielpfade und Maßnahmenpläne entwickeln,
  • und Szenarioanalysen zu CO₂-Preisrisiken und sektoralen Übergangsrisiken durchführen.

Diese Pläne sind nicht nur für das interne Risikomanagement relevant, sondern fließen auch in aufsichtsrechtliche Prüfprozesse (z. B. SREP: Supervisory Review and Evaluation Process) und künftige Meldepflichten im Rahmen der CRR III ein.

Verbindung zur CSRD und ESRS

Die EBA hebt hervor, dass ihre ESG-Risikoleitlinien kohärent mit der CSRD und den ESRS gestaltet wurden. Insbesondere gilt:

„Institutions should ensure consistency between their ESG risk management frameworks and the sustainability disclosures required under the CSRD and ESRS.“
(EBA/GL/2025/01, S. 21)

Damit entsteht ein gegenseitiger Daten- und Erwartungstransfer:

  • Unternehmen, die ESG-Informationen und Transitionspläne offenlegen (z. B. nach ESRS E1), erleichtern Banken die Risikoanalyse.
  • Umgekehrt werden Unternehmen künftig verstärkt mit Anfragen ihrer Kreditgeber zu ihren Transformationspfaden konfrontiert.

Implikationen für Unternehmen

Die neuen EBA-Leitlinien führen ab 2026 dazu, dass Banken bei der Kreditvergabe verstärkt prüfen werden:

  • ob ein Unternehmen einen glaubwürdigen Transitionsplan hat,
  • ob Zwischenziele zur Emissionsminderung existieren,
  • wie der Kapitalbedarf für die Transformation aussieht,
  • und ob ESG-Risiken aus Sicht des Kreditgebers steuerbar sind.

Für Unternehmen ergibt sich daraus ein klarer Anreiz, einen solchen Plan nicht nur für die Berichterstattung, sondern auch für den Zugang zu Kapital zu entwickeln und nachvollziehbar zu kommunizieren.

Hinweis für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)

Nicht alle Unternehmen sind im gleichen Maße von den formellen Berichtspflichten und gesetzlichen Vorgaben zu Transformationsplänen betroffen. Viele kleine und mittlere Unternehmen unterliegen weder der CSRD noch der IED oder CSDDD. Für sie steht nicht die formelle Erstellung eines umfassenden Transitionsplans im Vordergrund. Dennoch gilt: Auch kleinere Unternehmen sind gut beraten, ihre eigenen Treibhausgasemissionen, insbesondere in Scope 1 und 2, zu kennen, zu dokumentieren und bei Bedarf in einfachen Tools festzuhalten. Dies ermöglicht es ihnen, gegenüber Banken, Förderstellen oder Auftraggebern verlässlich Auskunft zu geben und steigenden ESG-Anforderungen pragmatisch zu begegnen.

6. Welche weiteren Regelwerke setzen Transformationsanreize?

Auch wenn nicht alle Gesetze den Begriff „Transformationsplan“ explizit verwenden, entstehen implizite Anforderungen aus weiteren Regelwerken:

  1. EU-Taxonomie-Verordnung: verlangt Nachweis eines Beitrags zur Klimazielerreichung. Übergangsaktivitäten (Art. 10 Abs. 2) erfordern faktisch Transformationspläne.
  2. SFDR: Investoren achten auf glaubwürdige Dekarbonisierungsstrategien bei Art. 8/9-Produkten.
  3. CBAM: Importemissionen müssen offengelegt werden. Unternehmen in Drittländern brauchen realistische Dekarbonisierungspfade.
  4. EnEfG (Deutschland): Große Energieverbraucher müssen Strategien zur CO₂-Neutralität bis 2045 vorlegen (§ 8 EnEfG).
  5. BEW & Förderprogramme: setzen Transformationskonzepte als Fördervoraussetzung zunehmend voraus.

Fazit: Auch ohne direkte Pflicht entsteht für viele Unternehmen ein faktischer Handlungsdruck, einen Transformationsplan zu entwickeln, für Investitionen, Fördermittel, Lieferketten und Marktzugang.

Vom Bericht zur Umsetzung

Transformations- und Transitionspläne sind kein Nischenthema mehr, sie sind heute zentraler Bestandteil europäischer Nachhaltigkeitsregulierung. Ob in der Berichterstattung (CSRD/ESRS), in der Lieferkette (CSDDD), im Anlagenbetrieb (IED) oder im Bankensektor (EBA), überall verlangen Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden strukturierte, glaubwürdige und strategisch eingebettete Transformationsfahrpläne.

Dabei gilt: Auch wenn einzelne Verpflichtungen (z. B. durch den Omnibus) abgeschwächt wurden, bleibt der Druck zur tatsächlichen Umsetzung hoch, getrieben durch Finanzierungspartner, Kundenerwartungen, Reputationsrisiken und Marktdynamiken. Unternehmen sind daher gut beraten, Transformationspläne nicht nur als Reporting-Pflicht zu verstehen, sondern als strategisches Steuerungsinstrument, das wirtschaftlichen Erfolg und Klimaverantwortung miteinander verbindet.

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