Was ist der VSME-Standard?

VSME steht für „Voluntary Sustainability Reporting Standard for SMEs“ und ist ein freiwilliger Standard zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für kleine und mittlere Unternehmen. Er wurde von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) entwickelt, um gerade für nicht börsennotierte Unternehmen eine einfache und praktikable Möglichkeit zu schaffen, Umwelt-, Sozial- und Governance-Daten (ESG) zu erfassen und zu berichten. 

Der VSME soll dabei helfen, Transparenz gegenüber Geschäftspartnern, Banken oder Investoren herzustellen — ohne den Aufwand und die Komplexität, die bei größeren Nachhaltigkeitsstandards anfallen. KMU sollten sich mit dem VSME-Standard befassen, da sie zunehmend ESG-Daten für verschiedene Akteure wie Banken, Investoren und Großkunden bereitstellen müssen. Große Unternehmen sind über die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet, zukünftig umfangreiche Berichte zu erstellen. Durch den „trickle-down“-Effekt werden auch nicht CSRD-berichtspflichtige KMU in der Lieferkette faktisch zur Datenerhebung gezwungen. Hinzu kommt, dass Unternehmen anschließend mit einer Vielzahl unterschiedlicher Anforderungen und Berichtsformate konfrontiert sind.

In Sachen Nachhaltigkeitsberichterstattung bestehen zwar bereits international anerkannte Standards wie der GRI oder SASB, diese sind jedoch für KMU ungeeignet. Der VSME bietet für diesen Zweck erstmals einen europaweit abgestimmten Rahmen, der Einheitlichkeit schafft. Der Standard soll dabei vor allem drei Ziele erreichen:

  • Entlastung durch Standardisierung: Statt jeweils unterschiedliche Fragebögen von Banken, Großkunden oder Lieferketten beantworten zu müssen, können KMU künftig mit einem einzigen Rahmenwerk arbeiten.
  • Besserer Zugang zu Finanzierung: Vergleichbare ESG-Daten sind eine Grundvoraussetzung, um von Banken und Investoren Finanzierung für Investitionen z.B. in Transformation und Wachstum zu erhalten.
  • Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit: Nachhaltigkeitstransparenz wird zunehmend zum Marktfaktor, nicht nur bei Kreditverhandlungen, sondern auch in Lieferketten, bei der Kundengewinnung und Bindung der Mitarbeitenden.

Der VSME ist freiwillig und unterscheidet sich damit klar von der CSRD. Wer ihn nutzt, muss innerhalb der Module jedoch bestimmte Mindestdatenpunkte verpflichtend berichten. Die Freiwilligkeit betrifft also die Entscheidung für den Standard, nicht jedoch die Vollständigkeit der gewählten Module.

Wichtig: Nicht alle Banken werden den VSME als alleinigen ESG-Nachweis akzeptieren. Aufgrund eigener aufsichtlicher Vorgaben (EBA/Pillar 3) benötigen sie teils weitergehende oder spezifisch klassifizierte Informationen. Der VSME bildet jedoch ein einheitliches Grundgerüst, das bankenspezifische Anforderungen reduziert und anschlussfähig macht.

Was sind die zentralen Bausteine des Standards?

Aufbau des VSME 

Der VSME-Standard ist modular aufgebaut und besteht aus einem Basis-Modul und einem ergänzenden Modul:

  1. Basic Module mit 51 Datenpunkten in 11 Bereichen: Enthält grundlegende Unternehmensangaben sowie die Kerninformationen für ein einfaches ESG-Reporting (z. B. Scope-1- und Scope-2-Emissionen, Beschäftigungsstruktur).
  2. Comprehensive Module mit 42 Datenpunkten in 9 Bereichen: Vertieft die ESG-Berichterstattung durch Angaben zu Klimazielen, Emissionsplänen, Governance und weitergehenden Sozial- und Lieferkettenthemen.

Der modulare Aufbau ermöglicht einen schrittweisen Einstieg mit geringem Zusatzaufwand, auch für Kleinstunternehmen. KMU können Umfang und Tiefe der Kennzahlen flexibel wählen und bei Bedarf erweitern. Damit hat der VSME das Potenzial, sich als Quasistandard für ESG-Daten im Mittelstand zu etablieren. Die einheitlichen und vergleichbaren Informationen erhöhen zudem die Wahrscheinlichkeit, dass Banken, Großunternehmen und andere Marktakteure den VSME künftig verstärkt nutzen. Für KMU in Lieferketten oder mit Finanzierungsbedarf gilt: Wer frühzeitig Strukturen nach dem VSME aufbaut, reduziert langfristig Reporting-Kosten, erleichtert Investitionen und verbessert die eigene Position in Märkten und Wertschöpfungsketten.

Unterschied zwischen relevanten und verpflichtenden Datenpunkten

Der VSME unterscheidet zwei Datentypen: Verpflichtend zu berichtende Kategorien (z.B. Scope-1 und Scope-2-Emissionen) und solche, die nur bei Relevanz offenzulegen sind (z.B. Scope-3-Emissionen). Wird eine Kategorie als nicht relevant für das jeweilige Unternehmen eingestuft, ist eine kurze Begründung erforderlich. In der Excel-Vorlage der EFRAG kennzeichnen „always to be reported“ zwingende Angaben, während „if applicable“ nur bei Unternehmensrelevanz auszufüllen ist. 

Was bietet der VSME den Unternehmen?

Der VSME bietet KMU einen klar strukturierten und pragmatischen Einstieg in die Nachhaltigkeitsberichterstattung, ohne den Aufwand umfassender Regelwerke. 

  • Unternehmen können ihre ESG-Daten einmalig in einem einheitlichen Format erfassen und anschließend für verschiedene Zwecke nutzen, etwa für Kreditgespräche, Fördermittelanträge oder Anforderungen von Großkunden.
  • Der Standard hilft dabei, interne Abläufe zu ordnen, indem er vorgibt, welche Informationen sinnvoll erhoben werden sollten und wie diese zu dokumentieren sind. Dadurch entsteht Schritt für Schritt eine belastbare Datenbasis, die nicht nur externen Anforderungen dient, sondern auch intern unterstützt: Energie- und Ressourceneinsatz werden transparenter, Risiken lassen sich früher erkennen, und strategische Entscheidungen besser vorbereiten. 

Somit bietet der VSME eine schlankere, wiederverwendbare und verständliche ESG-Berichterstattung, die KMU langfristig entlastet und ihre Position in Finanzierung, Lieferketten und Wettbewerbsumfeld stärkt.

Was sind vergangene und zukünftige Termine rund um den VSME?

Verabschiedung des Standards und Empfehlung durch die EU

  • 17. Dezember 2024: EFRAG übergibt den VSME-Standard inklusive Begleitdokumenten wie Cost Benefit Analysis (CBA) und dem Feedback zur öffentlichen Konsultation an die Europäische Kommission.
  • 30. Juli 2025: Die Europäische Kommission verabschiedet den VSME als offizielle Empfehlung, mit dem Aufruf, dass größere Unternehmen und Finanzinstitute ihre Anfragen idealerweise an diesem Standard ausrichten. 

Operationsphase: EFRAG-Ecosystem & Begleitangebote

Parallel zur Verabschiedung und Empfehlung im Sommer 2025 hat die EFRAG das „VSME Ecosystem“ etabliert. Es umfasst sieben Arbeitsstränge, unter anderem:

  • SME Forum & VSME Community
  • Monitoring zur Marktakzeptanz (z. B. Umfrage zur Nutzung)
  • Unterstützende Leitfäden, Tools, Videos in vielen EU-Sprachen

Regulatorischer Rahmen und Ausblick: Omnibus-Prozess

  • Die EU hat als Teil ihrer Vereinfachungsstrategie die CSRD-Berichtspflicht für kleinere Unternehmen um zwei Jahre auf 2028 verschoben. Das schafft Freiraum und erhöht die Attraktivität freiwilliger Standards wie dem VSME.
  • Mit zunehmender Einführung und Nutzung wird eine ebenso erhöhte Akzeptanz des VSME-Standards von Bankenseite erwartet.

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